Celtic Angels gastierten in der Stadthalle Borken

Galerie-Celtic-Angels0106Engelhafte Stimmen bringen irisches Flair nach Borken. Die Celtic Angels gastierten in der Stadthalle Borken.
Wahrhaft himmlische Stimmen, engelshafte Kostüme und Melodien aus der irischen Folklore sowie Hits aus der Popmusik begeisterten am Donnerstag-abend die Besucher in der Stadthalle.
Von Bühnenmüdigkeit war bei dem vorletzten Auftritt der Celtic Angels in Deutschland nichts zu spüren. Sieben irische Sängerinnen präsentierten stimmgewaltig aber dennoch einfühlsam Titel, die jeder kennt und liebt. Natürlich dürfen Folkloreklassiker wie „Whisky in the jar“, „Danny Boy“, „Wild Rover“ oder „Amazing Grace“ nicht fehlen. Diese Titel brachten auch etwas Schwung auf die Bühne, war das Programm doch im Wesentlichen auf Belcanto aufgebaut, lange Melodiebögen und stimmlich perfekte Ausführung. Dazu passen verständlicherweise eher schöne getragene Musikstücke als wilde Popmusik. Absolut begeistert war das Publikum von der herrlichen Interpretation der Tophits wie „Nothing compares to you“ den jeder von Sinead O’Connor kennt und „No more night“ von David Phelps. Die sieben Angels sangen live überwiegend zum Orchesterklang der allerdings nur aus den Lautsprechern eingespielt wurde. Professionell meisterten sie diese Schwierigkeit, die nicht den kleinsten gesanglichen Fehler zulässt. Nicht vergessen werden dürfen die beiden Musikerinnen, die live mit auf der Bühne standen und spielten: Amy McAllister an der Harfe und Meaghan LaGranduer, die mit ihrer Violine den Gesang bei vielen Stücken unterstützte. So schwungvoll wie sie die Geige spielte, bewegte sie sich auch elegant über die Bühne und bildetet damit eine Kontrapunkt zu den eher entrückten Sängerrinnen in ihren bodenlangen Kleidern. Mit „The parting glass“, dem „Abschiedsglas“ sagten die Celtic Angels dem Publikum Ade, standen aber nach einem verdienten großen Applaus noch für Gespräche und Autogramme zur Verfügung.

Gerburg Jahnke hatte eingeladen und viele kamen

Jahnke-eingeladen0019Frau Jahnke hatte eingeladen, in die Stadthalle Borken und gekommen waren drei Kabarettistinnen Andrea Badey, Frieda Braun und Sarah Hakenberg und ganz viel Publikum.

In der ausverkauften Stadthalle hatte jeder Besucher seinen heimlichen Favoriten und so war der Applaus recht gleichmäßig verteilt. Dennoch schälten sich bei den vielen Lachern Frida Braun und die Musikkabarettistin Sarah Hakenberg heraus.

Gerburg Jahnke führt durch den Abend, erzählt den Besuchern, dass sie aus Gemen kommt und was für ein Glück alle gehabt haben, dass sie nicht geblieben und Deutschlehrerin geworden ist. „Aber ansonsten flupps in Borken. Ihr habt hier ja jetzt jede Menge Kreisverkehre. Ich hab noch nie so lange gebraucht um nach Borken reinzukommen“, meint Jahnke. Ihre Problemzonen sind wie in ihren Fernsehauftritten immer die gleichen nämlich das Altern und „der Mann, der da bei mir wohnt“. Besagte Mann wird zur Zeit noch im Garten gehalten: „Ist doch Altweibersommer, kann sich ja ein Pullöverchen anziehen.“ Aber sie bedauert ihn im Winter, wenn er an der Glasscheibe zum Garten steht und verliebt ein Herz auf die Scheibe zeichnet, das seinen Grill im Garten umrahmt. „Und dann sitzt er auf dem Sofa und dreht mit der Grillzange die Fernbedienung um.“

Frieda Braun fällt mit ihrem ungeheuer sprachlichem Geschick und ihren eingestreuten witzigen „Redewindungen“ auf, beispielsweise wenn sie im Geschäft eine Ausrede sucht, etwas nicht zu kaufen fragt sie gerne: „Haben sie die Bluse auch in fleischfarben?“ Allerdings ist das nicht die richtige Frage als sie bei einer Freundin eine „Spielzeug-Party“ besucht, wo dann Sachen angeboten wurden, die nicht für Kinder sind. „Die Kataloge haben wir alle nicht mitgenommen, die sind beim Werner im Kofferraum von seinem VW Chicorée gelandet.“

Andrea Badey präsentiert einiges aus ihrem Bühnenprogramm „Zwischen Tanga und Treppenlift“. Und sie fragt das Publikum: „Seh‘ ich nicht noch gut aus für mein Alter?“ und antwortet sich selber: „Also für ihr Alter, da kann man noch bei.“

Ganz großen Applaus bekam Sarah Hakenberg für ihre bissig bösen satirischen Lieder aus ihrem „neuen Struwwelpeter“, die viele der Besucher textsicher mitsingen konnten.

Tosender Applaus und stehende Ovationen waren die Belohnung für die vier Kabarettfrauen.

Bernd Stelter verrät Geheimnisse einer langen Ehe

Bernd-Stelter0054Mit seinem Programm „Wer heiratet teilt sich die Sorgen, die er vorher nicht hatte“ begeisterte Fernsehstar und Komiker Bernd Stelter das Publikum in der ausverkauften Stadthalle Borken.

Aus den Lautsprechern ist der Hochzeitsmarsch aus Lohengrin zu hören, auf die Bühne tritt Bernd Stelter mit den Worten: „Zu Wagnermusik wollte ich schon immer mal auftreten.“ Gleich wendet er sich an die Männer in der ersten Reihe und fragt, seit wann sie verheiratet sind. Die Borkener wissen das, zum Erstaunen des Künstlers. „Sonst erhalte ich immer ein ääh oder ööh. Oder einen beliebten Spruch `Wie lange muss’e noch?´“ Er wird am 1. Juni 2016 auch auf 25 Ehejahre zurückblicken können und daraus zieht er die Gewissheit, dem Publikum viel lustiges aus der Partnerschaft mitgeben zu können.

Bernd Stelters Gags sind ausgefeilt, auf den Punkt vorgetragen und amüsieren. Sie begeistern die Besucher und verletzen niemanden. Stelter ist einer der wenigen Comedians auf deutschen Bühnen, der mit seiner freundlich, höflichen Art keinem weh tun will und er beweist, dass man Witze und Scherze auch machen kann ohne sarkastisch zu werden oder unter die Gürtellinie zielt.

„Ehe“, witzelt er, „ist die lateinische Abkürzung für `erare humanum est´. Und von ledig ist die Steigerungsform erledigt.“ Partnerlos zu sein scheint in unserer Zeit etwas schlimmes zu sein, deshalb gibt es seiner Meinung nach so viele Partnerbörsen und Ü-Veranstaltungen: “ Ü30, Ü40, ÜFÜFÜ, das ist über fünfundfünfzig.“

In seinen kleinen Partnerschaftsdiskurs streut der 54-jährige Komiker seine Lieder zu Gitarre oder E-Piano ein, wie „Liebe geht bekanntlich durch den Magen“ oder „Schatz du kannst Gedanken lesen.“ Damit ist er bei dem unvermeidlichen Gegensatz zwischen Männern und Frauen, den er aus verschiedenen Perspektiven: einer Bloggerin, einem Festredner im Sauerland oder dem Standesbeamten bei der Standesbeamtentagung vorträgt.

„Frauen sind nicht das schwache Geschlecht“, weiß Stelter, „versuch mal ihr Nachts die Bettdecke wegzuziehen.“ Ehe zusammengefasst ist: „Vor der Ehe, er redet, sie hört zu. Während der Ehe, sie redet, er hört zu. Im Alter, beide reden, die Nachbarn hören zu. Die Ehe ist eine Mangelerscheinung. Aus Mangel an Erfahrung heiratet man. Aus Mangel an Geduld lässt man sich scheiden und aus Mangel an Gedächtnis heiratet man wieder.“

„Nur wer die Sorgen anderer teilt, wird ein glücklicher Mensch“ sagt Stelter und lächelt – glücklich und das Publikum stimmt ihm mit viel Applaus zu.

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Neuerscheinung: Die Flucht der blauen Pferde

Blaue PferdeDer Roman „Die Flucht der blauen Pferde“ ist bereits der vierte Regionalkrimi von Sabine Schulze Gronover. Das 320 Seiten starke Buch ist gerade im Emons Verlag erschienen.

Protagonist ist Konstantin Neumann, der gerade aus dem Gefängnis entlassen und mit Hilfe seiner Schwester in ein ruhiges Mietshaus in Münster eingezogen, im Hausflur eine Frauenleiche entdeckt. Den wegen Totschlags verurteilten Straftäter bringt das in eine missliche Situation. So wird er wider Willen zum Ermittler und konkurriert in gewisser Weise mit der für den Fall zuständigen Kommissarin Finke. Im Laufe der Handlung führt die Spur zu längst verschollenen Gemälden, die die Nazis während des Zweiten Weltkriegs geraubt haben. Ein Bild steht dabei im Vordergrund, Franz Marcs „Turm der blauen Pferde“. Inwieweit die Mitbewohner in dem kleinbürgerlichen Mehrfamilienhaus in Mord und Kunstraub oder Kunstfälschung involviert sind, entdeckt der Ex-Knacki mit viel Beharrlichkeit, Phantasie und Hilfe seines krebskranken Knast-Kumpel Frank sowie seiner Schwester und Anwältin. Um Konstantins Leben feste Strukturen zu geben, schenkt ihm seine Schwester Hund Goofy, einen ausgemusterter Drogenspürhund der Polizei.

Der Protagonist führt abwegige und spannende Ermittlungen durch, die von der Autorin hervorragend konstruiert glaubhaft wirken. Außerdem haben alle Personen sehr sympathische Züge, das geht ein wenig in Richtung heile Welt, macht es andererseits für den Leser schwer, zwischen den Guten und den Bösen zu unterscheiden. So bleibt die Spannung erhalten und das Ende überrascht.

Ein weiterer Kunstgriff ist es, das Thema Raubkunst sinnvoll in einem Regionalkrimi unterzubringen, das gelingt Schulze Gronover spannend, unterhaltsam, ungewöhnlich und informativ.

Sieht man von den für einen Mann, insbesondere Ex-Knacki, eher ungewöhnlichen Verhaltensweisen und Sprache ab, ist das Buch sehr unterhaltsam und die richtige Wahl für alle die humorvolle Krimis, nicht nur Regionalkrimis, lieben.

»Wieder an der eigenen Wohnungstür, sah er, dass Goofy sich hingelegt hatte, aber noch immer zur Tür starrte. Nun öffnete er sie doch leise und lauschte ins Dunkel. Nichts. Er stieg vorsichtig eine Treppe höher, aber auch dort herrschte Stille. Kein Laut drang aus der Wohnung von Susanne oder von Schuberts, was er um halb drei Uhr nachts völlig normal fand. Während er auf dem Balkon gestanden hatte, war der nächtliche Besucher wahrscheinlich längst in seiner Wohnung angekommen. Doch irgendetwas hatte er in den Hausflur geschoben.

„Komm, Goofy, wir schauen mal nach.“ Wenn ihm jemand begegnete, könnte er sagen, der Hund habe ein dringendes Bedürfnis. Noch ehe Konstantin sich die Leine schnappen konnte, lief Goofy bereits auf sanften Pfoten an ihm vorbei, die Treppe hinunter. Er eilte so leise wie möglich hinterher und erschrak ganz furchtbar, als Goofy erst einen lang gezogenen Jaulton von sich gab und dann dreimal kurz, aber leider sehr laut bellte.

Konstantin wollte schon ärgerlich auffahren, doch tatsächlich verspürte er selbst kurz danach das Bedürfnis, laut zu schreien. … Vor ihm neben den Briefkästen im Flur lag leblos eine Person, die Augen starr aufgerissen.«

Sabine Schulze Gronover

Die Flucht der blauen Pferde

Kriminalroman

Broschur

13,5 x 20,5 cm

320 Seiten

ISBN 978-3-95451-724-4

Euro 10,90 [D] , 11,30 [AT]

Mai Jia – Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong – Roman

Cover-Mai JiaMai Jia – Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong – Roman

Aus dem Chinesischen von Karin Betz

352 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag, 19,99 €, erschienen 31. August 2015 bei DVA

Dieser Roman eignet sich nicht als Bettlektüre bei der man zur Ablenkung noch ein paar Zeilen lesen möchte, denn das Gebot heißt am Anfang: Aufmerksamkeit, um nicht mit den vielen exotischen Namen durcheinander zu kommen. Es geht um Herrn Rong, aber Rongs gibt es so einige, wie der Leser im Laufe des Romans erfährt. Dazu kommt noch die chinesische Namensgebung mit den „üblichen Namen“ wie Mai Jia, einer der erfolgreichsten Autoren in China schreibt, “ – Geburtsname, Beiname, Kosename, Ehrenname, die ganze Palette“. Mit dieser Geschichte erhält man ebenfalls einen kleinen Einblick in die chinesische Kultur, die den Westeuropäern weitestgehend unbekannt ist. Da ist unter anderem die Bedeutung des Traums zu erwähnen, dieses Thema durchzieht die gesamte Geschichte.

Das Verhängnis beginnt als Ende des 19. Jahrhunderts Großmutter Rong ihren Enkel ins Ausland schickt, um die Traumdeutung zu erlernen. 1873 verlässt der jüngste Spross der Rong Familie die südchinesische Stadt Tongzhen und studiert in Großbritannien Mathematik. Nach seiner Rückkehr nennt sich Rong Zilai allerdings britisch John Lilley. Mit dem hinterlassenen Silberschatz der Großmutter gründet er die später berühmten „Lilleys Akademie für Mathematik“ und lässt zum allgemeinen Erstaunen sogar Frauen zum Studium zu. So ändert sich auch der Geschäftszweig der Familie Rong. Aus Salzhändlern werden Mathematiker. In diese Familie hinein kommt das uneheliche Kind Rong Jinzehn, ein nicht nur äußerlich seltsamer Mensch sondern auch geistig eine Besonderheit, eine mathematische Ausnahmebegabung, ein Genie.

Interviews mit Meister Rong (wieder ein anderer Rong, beziehungsweise eine andere) und Direktor Zheng sollen die Glaubwürdigkeit der Geschichte untermauern, von der der Autor mehrfach behauptet: „Früher dachte ich einmal, es sei nicht das Wesentliche beim Schreiben, den Leser glauben zu machen, dass eine Geschichte wahr sei. Doch diese Geschichte – nun, mit dieser Geschichte verhält es sich anders, weil sie wirklich wahr ist und keinen Zweifel duldet.“ Und später “ Ich muss also betonen: Diese Geschichte ist historisch belegt, sie ist nicht erfunden, ich habe alles aus aufgezeichneten Interviews zusammengetragen.“

Das unterscheidet auch dieses Buch des Begründers der chinesischen Spionageliteratur von den westlichen Vorstellungen des Genres. Der 1964 geborene Mai Jia vermischt Historisches, Politverbrechen und Entschlüsselungskunst mit dem menschlichen Drama. Der historische Kontext der Geschichte ist die Zeit um die Gründung der Volksrepublik China, spielt aber bis in unsere Zeit hinein.

Gleichzeitig ist die Geschichtet ein Psychogramm des Mathematikgenies Rong Jinzehn, sein Aufstieg und vermeintliches Scheitern, mit Distanz nachvollziehbar auch für jeden Nichtmathematiker, denn schließlich geht es gar nicht um Mathematik, es geht um ein Leben, ein Schicksal. Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong ist keine Mainstreamgeschichte, das hat auch 20th Century Fox erkannt und sich bereits die Filmrechte gesichert, alleine von daher empfehlenswert, das Buch vor dem Film zu lesen. © Claudia Peppenhorst

 

Vanessa Roggeri – Das Wilde Herz des Wacholders

Herz des WacholdersVanessa Roggeri – Das Wilde Herz des Wacholders – dtv premium

dtv bewirbt dieses Buch auf der Rückseite als „einen ungewöhnlichen Frauen- und Sadinienroman: atmosphärisch, mysteriös und emotionsgeladen bis zur letzten Seite“. Damit hat der Verlag mit sechs Begriffen sowohl Zielgruppe, Inhalt und Schreibstil treffend zusammengefasst.

Wer sich jedoch bei dem Begriff „Frauenroman“ bereits abwendet, verpasst eine tatsächlich hervorragend erzählte unbekannte Geschichte. Nicht nur Geschichte als Erzählform, sondern auch als historisch soziologischer Hintergrund. Oder wissen Sie was eine „Coga“ ist und welchen Schrecken sie unter der sardischen Bevölkerung im 19. Jahrhundert verursachte?

In einem kleinen Dorf auf Sardinien schenkt Assunta Zara ihrem Severino in einer Gewitternacht zu Allerseelen 1880 ein Kind, kein glückliches Ereignis, denn es ist bereits das siebte. Und was noch viel schlimmer ist, es ist das siebte Mädchen. Damit ist das Kind automatisch nach dem sardischen Volksglauben eine „coga“, eine Art Hexe. Die schleichen sich in der Nacht ins Haus, um das Blut neugeborener Knaben auszusaugen. Sie können jede Menge Übel über die Menschen bringen, Tiere verhexen, Krankheiten bringen und jede beliebige Form annehmen.

Das Baby soll getötet werden, aber Vater Severino schafft es nicht die Kleine zu erschlagen, er lässt sie in der Novembernacht in Regen und Kälte liegen. Seine älteste Tochter Lucia jedoch rettet das Neugeborene, gibt ihm den Namen Ianetta. Von da an scheint ein Fluch über der Familien zu liegen. Jeder Schicksalsschlag wird auf die „coga“ zurückgeführt. Ianetta wächst zwar auf dem Hof der Zaras auf, gehört jedoch nicht mit zur Familie, eher wird sie behandelt wie eine streunende Katze, der man Unterschlupf gewährt und irgendwo etwas zu essen hinstellt.

Auf eindrucksvolle Art zeigt der Roman, was ein tief verwurzelter Aberglaube alles bewirken kann und dass der rationale Verstand kaum in der Lage ist gegen Gefühle anzukommen. Was aus den Mitgliedern der Familie Zara im Laufe einer Generation wird und ob eine „coga“ tatsächlich Unglück über die Menschen bringt oder eher über sich selbst, das erfährt man auf 270 Seiten, bei einem kurzweiligen Lesevergnügen. Allerdings darf bei einem „Frauenroman“ eine gehörige Portion Kitsch nicht fehlen. Oder ist es wegen des Kitschs ein „Frauenroman“? Auf jeden Fall fehlt auch hier nicht die unvermeidliche Liebesgeschichte, sogar mit einem Arzt, Intrigen inbegriffen.

Übrigens hätte die Autorin aus dem Sujet einen spannungsgeladenen historischen Thriller machen können, aber sie hat sich entschieden uns einen „Frauenroman“ zu servieren. Nach dem Erstlingswerk der 1976 in Cagliari geborenen Vanessa Roggeri folgte im Mai 2015 ihr neuer Roman `Fiore di fulmine´ in Italien. Ganz ausgezeichnet hat Esther Hansen Roggeris Debütroman aus dem Italienischen in ein blumiges Deutsch übersetzt.

Das wilde Herz des Wacholders: Roman Taschenbuch – 19. Juni 2015

dtv premium, Taschenbuch (Juni 2015),  272 Seiten,  14,90 €

von Vanessa Roggeri (Autorin), Esther Hansen (Übersetzerin)

Emotion Caching ein Thriller von Heike Vullriede

Buch-Emotion-CachingEmotion Caching ein Thriller von Heike Vullriede

Reken. Verzeihen Sie, wenn ich etwas aushole. Ich hatte gerade Stephen Kings Doctor Sleep aus der Hand gelegt, ein Buch, das mich von vorne bis hinten in seinen Bann gezogen hatte. Der große King-Fan bin ich nicht, es war erst meine zweite Begegnung mit dem Autor, aber Respekt, die Story lief beim Lesen genau so toll ab wie ein guter Hollywoodfilm. Von King muss ich bei Gelegenheit noch einmal etwas lesen, dachte ich für mich. Und nach solch einem tollen Buch stellt sich die schwierige Frage, an was ich mich als nächstes wage, denn in der Regel ist bei mir die Enttäuschung vorprogrammiert, nur eins von zehn Büchern gefällt mir so gut.

Sie werden sich fragen, was das mit einer Rezension von Heike Vullriedes „Emotion Caching“ zu tun hat. Nun, ganz einfach, Emotion Caching fiel mir als nächstes Buch in die Hand. Meine Vorbehalte waren entsprechend groß, Heike Vullriede nach dem weltberühmten King, das kann nicht gut gehen. Eine „Provinzautorin“ nach dem „Meister des Grauens“, damit kann ich Vullriede nur Unrecht tun. Ich sollte noch einige Bücher dazwischen schieben, Abstand zu King gewinnen. Vielleicht einfach nur etwas Kurzes, denn Emotion Caching ist über 300 Seiten stark. So machte ich mir meine Gedanken, um der ja immer noch recht „jungen“ Schriftstellerin gerecht zu werden. Emotion Caching ist erst ihr dritter Roman. Ich wagte einen kurzen Blick auf die ersten Seiten, wollte schauen, ob sich Vullriedes Erzähl- und Schreibstil weiter entwickelt hat. Doch dann geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich wurde von der ersten Seite an in eine Story hineingerissen, die mich nicht mehr los ließ. Jede Wendung der Geschichte entwickelt sich absolut logisch und leicht nachvollziehbar, die 500 Seiten scheinen an einem Abend dahin erzählt worden zu sein. Da war wieder dieses Gefühl in einem spannenden Film zu sitzen, diese Mal nicht Hollywood sondern ein hervorragender Krimi im deutschen Abendprogramm, allerdings gibt es hier keine Ermittler, keine Polizei, die etwas aufklärt, Auf einen Mord wartet man scheinbar vergeblich. Was da passiert ist ein Spiel, ein Kinderspiel und dann auch wieder perfide kriminell. Protagonistin ist Kim, irgendwo zwischen Pubertät und Erwachsen werden ist sie auf der Suche nach Gefühlen, die sie nicht mehr empfinden kann. Der Verlust der geliebten Vaters in ihrer Kindheit hat die junge Frau stark verstört, sie glaubt, selber nicht mehr zu normalen Gefühlen fähig zu sein, daher kommt sie auf eine absurde Idee. Kim will starke Gefühle anderer Menschen im Videofilm festhalten. Schnell findet sie Zustimmung in ihrer Clique, die aus ihr, Benny, Nico und Lena besteht. Sich auf die Lauer legen, um andere Menschen zu filmen, ist eine Sache, die Gefühle der Gefilmten jedoch ins extreme zu steigern eine andere. Dazu müssen die Kandidaten durch fiese Tricks gereizt werden. Die Sache verselbständigt sich irgendwie, ein Toter scheint ein Unfall zu sein, ein weiterer ein Mord. Wer ist der Mörder? Ein Mitglied der Clique, ein Außenstehender. Die Sache wird auch für die vier Gruppenmitglieder undurchsichtig.

Die zahlreichen Verwicklungen ergeben sich für den Leser absolut schlüssig, die Handelnden in der Story führen sie immer wieder in die Irre. Zwar ergibt sich zum Ende eine Lösung, die der aufmerksame Leser erahnen kann, jedoch beschreibt Vullriede dieses Ende sehr intensiv ohne allerdings in Sentimentalitäten oder Kitsch zu versinken. Ein packender und ungewöhnlicher Thriller, der absolut nicht mit dem Mainstream zu vergleichen ist. Heike Vullriede ist immer für eine Überraschung gut. Dieses Buch hat das Potential ganz oben in den Bestsellerlisten zu landen.

13,95 €

LUZIFER VERLAG
PERFECT PAPERBACK
THRILLER
320 Seiten
ISBN: 978-3-95835-062-5
ERSTERSCHEINUNG: 30.07.2015
E-Book bereits lieferbar

 

Kruse & Blanke im Spargelhaus

Kruse&Blanke3„Friends“ und „Still Friends“ heißen ihre Alben mit Pop- und Rockmusik-Klassikern, die jeder kennt. Und das fabelhafte über dreistündige Konzert am Freitagabend zog eine große Schar Freunde, Arbeistskollegen und Nachbarn, aber in erster Linie Fans von „Kruse & Blanke“ in Adelheids Spargelhaus.

Seit 1980 machen wir gemeinsam Musik. Unsere erste CD haben wir „Friends“ genannt, bei der zweiten wussten wir keinen Titel bis jemand meinte, ihr seit doch immer noch zusammen, nennt sie doch `Still Friends´“, erzählt Detlef Blanke. Ja, die beiden sind fast wie ein altes Ehepaar. Vielleicht hat ihre Freundschaft so lange gehalten, weil sie sich nicht jeden Tag auf die Nerven gehen. Gitarrist und Sänger Michael Kruse wohnt mit seiner Familie in Raesfeld und arbeitet Hauptberuflich als Feuerwehrmann im Chemiepark Marl; Detlef Blanke, Bassist, Sänger – „ich singe die zweite Stimme“ – und Berufsmusiker wohnt in Delmenhorst und ist ständig auf Achse.

Für Gitarrist und Sänger Michael Kruse war das eine Heimspiel. Er ist nicht nur Raesfelder sondern auch hauptberuflich Feuerwehrmann, da kann man sich leicht ausrechnen, wen ein Großteil der Besucherschar bildete. Aber auch Berufsmusiker und Bassist Detlef Blanke ist hier kein Unbekannter. Seit 1980 treten die beiden zusammen auf und haben Erfolg mit ihrem riesigen Repertoire. „Wir haben 200 Songs aus denen wir auswählen können“, erklärt Detlef Blanke, „und festlegen wollen wir uns vorher nicht. Das ergibt sich während des Konzerts. Mit der Zeit haben wir ein Fingerspitzengefühl dafür entwickelt welches Publikum was hören möchte“, meint der Bassist. So präsentieren sie den Raesfeldern Titel von Chicago, Fleetwood Mac und Simon & Garfunkle, aber nicht einfach nur nahe am Original nachgesungen, die beiden Musiker interpretieren die Songs völlig neu, nie gehört und mitreißend.

Dabei bewundern sie die Macher dieser herrlichen Musik: „Was die früher weggezogen haben und trotzdem noch so tolle Musik komponiert … Wir raten ausdrücklich davon ab. Keine Drogen, außer Musik“, ist ihr Statement dazu. Zwischen ihren Songs erzählen sie ein wenig über die Titel, nutzen die Zeit, um die Gitarren zu stimmen und sich dabei gegenseitig ein wenig zu veräppeln. „Michael ist Weltmeister im Gitarre stimmen“, meint Blanke, „keiner braucht so lange wie er.“ „Aber keiner kann auch so lange wie ich“, kontert der Gitarrist und Vater von vier Kindern, der dem Publikum im zweiten Teil des Programms seinen Sohn Nils als Sänger präsentiert. Geneinsam mit den beiden alten Bühnenhasen singen sie Cat Stevens „Father and son“. Nils kleine Fangruppe will natürlich mehr von ihrem Idol hören, also gibt es Zugaben.

Kruse und Blanke haben aber nicht nur „Uralttitel“ im Programm, locker führen sie das Publikum durch die verschiedenen Dekaden der Rock-Pop-Musikklassiker, bringen den ganzen Saal zum Mitsingen, wollen einen schönen geklatschten Off-beat hören, bekommen aber leider doch wieder: „Ihr klatscht auf eins und drei, marschmäßig. Ist wohl typisch deutsch“, beschwert sich der Bassist liebevoll. So etwas nimmt ihm keiner übel, das finden alle einfach nur lustig.

Dank des milden Wetters steht die Eingangstür zu Adelheids Spargelhaus die ganze Zeit offen, das muss auch sein, denn das Publikum, das nicht mehr in den Saal passte, hat sich vor der Tür versammelt und hört von dort aus zu. Die Atmosphäre ist einfach großartig und familiär, jeder scheint jeden zu kennen und so werden Nachzügler auch persönlich mit Namen von der Bühne begrüßt.

In ihrer Spielfreude und Improvisation ziehen die beiden jeden in ihren Bann, das ganze Konzert überrascht immer wieder und wird zu einer einzigen Zugabe. Kruse & Blanke spielen dreimal rund eine Stunde ihre Songs und ernten riesen Beifall.

Hey, Claudia, habe mir die Fotos angesehen. Sind so gut, dass da eine Galerie sein musste. Kompliment! (Hubert)

La Signora kämpft mit der Beleuchtung

La Signora8

La Signora, das ist Carmela de Feo, Diseuse, Direkteuse und Dompteuse aus Oberhausen, die am Samstagabend das Publikum für zwei Stunden auf der Erler Kleinkunstbühne mit ihrem Programm „Träume nicht Dein Leben, sondern nimm Deine Tabletten!“ zum Lachen brachte und begeisterte.

„Man nennt mich La Signora und ich bin eine Frrrrauu.“ Mit diesem Satz hat sie sich selber eine Denkmal gesetzt, das viele ihrer „Stalker“ kennen. Und wer sie noch nicht live erlebt hat, ist begeistert von ihrer Bühnenpräsens und Power. Die „Ruhrgebieterin“ tanz ulkige Tänze, verhunzt aktuelle Popmusiktitel mit ihren spaßigen Texten und begleitet sich dabei selber perfekt auf dem Akkordeon aber in erster Linie quatscht sie ihr Publikum voll, dass vor Lachen die Tränen fließen, die üblichen Angriffe auf die Männerwelt inklusive

La Signora trägt Dutt und Denkerstirn, ihr schwarzes strenges Outfit mit flachen Schuhen, langem Rock und bis zum Kinn geschlossener Bluse passt auch zu einer italienischen Kellnerin eines Nobelrestaurants, so ist sie hübsch hässlich. „Andere lassen sich schön machen.“ Mit ihrem koddrigen Ruhrgebietsslang desillusioniert das Publikum durch absurde Wahrheiten, beispielsweise wenn sie sich über den menschlichen Körpergeruch den „Gusto penetranto“ auslässt, denn „wir Frauen riechen nicht von Natur aus nach frisch gemähtem Heuhaufen“. Und für „die untere Bastion“ hat sie ganz spezielle Tipps.

Sie macht sich über das englische Könighaus lustig und zeigt das Wichtigste, dass sie intensiv geübt hat, minimalistisches Winken wie die Queen.

Unnahbar scheinend stürmt die kleine resolute Frau hysterisch Lachend immer wieder zum Schrecken der Männer in das Publikum, doch darf der Kontakt nicht zu intensiv werden: Fass mich nicht an!“

„Die italienische Unke aus Oberhausen“ wie sie sich selbst bezeichnet, klärt das katholische Erle über die Schöpfungsgeschichte auf: „Nee, da fangen wir ganz vorne an.“ Ihr imaginärer Gesprächspartner – Gott – zu dem sie sich wieder und wieder bei der heißen Diskussion umdreht ist hinter ihr: „Die Kollegen machen sich schon lustig über mich, weil ich immer mit dem Vorhang rede.“ Dem Publikum erklärt sie, den Fehler in der Bibel, dass nämlich nur Frauen als erste im Paradies gelebt haben, aber dann „fehlte da etwas, jemand, den man rumkommandieren kann. Dein Fehler“, meint sie zu Gott, der ihrer Meinung an Burnout litt. Der erschuf darauf notdürftig den Mann auf den Resten, „nackt, deshalb müssen wir Frauen den Männern immer noch die Anziehsachen raus legen.“

La Signoras Debüt in Erle gefiel der Künstlerin wegen der mangelhaften Lichttechnik, weniger als dem begeisterten Publikum. So musste die Künstlerin ihren Schlussapplaus im Dunkeln stehend entgegennehmen. Da muss an der Technik noch einiges verbessert werden.

 

 

Tom Gaebel bringt Las Vegas Flair nach Borken

Tom-Gaebel50Gleich das erste Konzert der Musiklandschaft Westfalen war mit dem Sänger Tom Gaebel und seiner Big Band ein voller Erfolg.

In der gut gefüllten Stadthalle Vennehof gab es am Donnerstagabend mit „So Good to be me“ Songs aus Gäbels neuer CD sowie Lieder seines übrigen Repertoires. Angekündigt als der „deutsche Frank Sinatra“ steht er diesem in Auftreten, Bühnenpräsens und stimmlich in nichts nach. Vom ersten Ton an zaubert die Big Band und Tom Gaebel das Flair der großen Showbühnen Las Vegas auf die Borkener Bühne. Erinnerungen an das „American Songbook“ kommen auf, doch das liegt wohl an dem Ambiente, der farbigen Bühnenbeleuchtung und dem mitreißenden Sound der Big Band. Denn Gaebel präsentiert mit „So good to be me“, „Gentle on my mind“, „Papa loves Mambo“ oder das Lied über den eifersüchtigen Mann „Mad Man“ nicht die alten amerikanischen Klassiker. Vergleicht man die Songs, die er in Borken performt mit den selben Titeln auf seinen CD’s stellt man einen großen Unterschied fest. Die Stücke auf seinen Scheiben sind „Musik zum Träumen“, romantisch, ein wenig an „WDR4“ erinnernd, doch auf der Bühne ist Gaebel in seinem Element, da geht die Post ab, da reißt er das Publikum mit. Und so folgen alle brav seiner Aufforderung beim nächsten Titel mit zu schnipsen, denn das gehört eben zum Elvis-Titel „Fever“, dabei kommt Tom Gaebel nicht auf die Idee das Original in irgendeiner Weise zu kopieren. Der gebürtige Gelsenkirchener bleibt auch bei solchen Stücken sich selbst treu.

„Wie alt mag der sein?“, diese Frage diskutierten einiger Zuschauerinnen in der Pause trotz seiner Bemerkung: “ Ab 40 geht das ja los, dass es hier und da mal weh tut. Damit sie die Knochen etwas strecken können, machen wir jetzt eine Pause.“

Im zweiten Teil starten die Musiker gleicht mit „Wonderful World“ und „Don’t you worry baby“. Sehr schwungvoll dann „The Cat“ bei dem zwei Schlagzeuger benötigt werden. Begeisterung erzeugt der Sänger mit seinem herrlichen „Sinatra Medley“. Natürlich darf eine Vorstellung der Musiker in solch einer Show nicht fehlen: Denis Gäbel (Saxophon), Jan Schneider (Trompete), Richard Hellenthal (Posaune), Lars Duppler (Keyboard), Martin Feske (Gitarre), Nico Brandenburg (Bass), Florian Bungardt (Schlagzeug) und Chirs Fehre (Percussion). Diese Big Band bringt auch „El Cumbanchero“ auf den Punkt und der letzte Titel „No more goodbyes“ ist die Verabschiedung vom großartigen Publikum und mit seinem Refrain eine Verbeugung vor dem anderen Geschlecht „Can’t take my eyes off of you“.

Aber ein begeistertes und großartiges Publikum wäre nicht großartig, wenn es nicht Zugaben fordern würden. So gibt es als Belohnung den Ohrwurm „Happy“ und „What a wonderful world“.