Mai Jia – Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong – Roman

Cover-Mai JiaMai Jia – Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong – Roman

Aus dem Chinesischen von Karin Betz

352 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag, 19,99 €, erschienen 31. August 2015 bei DVA

Dieser Roman eignet sich nicht als Bettlektüre bei der man zur Ablenkung noch ein paar Zeilen lesen möchte, denn das Gebot heißt am Anfang: Aufmerksamkeit, um nicht mit den vielen exotischen Namen durcheinander zu kommen. Es geht um Herrn Rong, aber Rongs gibt es so einige, wie der Leser im Laufe des Romans erfährt. Dazu kommt noch die chinesische Namensgebung mit den „üblichen Namen“ wie Mai Jia, einer der erfolgreichsten Autoren in China schreibt, “ – Geburtsname, Beiname, Kosename, Ehrenname, die ganze Palette“. Mit dieser Geschichte erhält man ebenfalls einen kleinen Einblick in die chinesische Kultur, die den Westeuropäern weitestgehend unbekannt ist. Da ist unter anderem die Bedeutung des Traums zu erwähnen, dieses Thema durchzieht die gesamte Geschichte.

Das Verhängnis beginnt als Ende des 19. Jahrhunderts Großmutter Rong ihren Enkel ins Ausland schickt, um die Traumdeutung zu erlernen. 1873 verlässt der jüngste Spross der Rong Familie die südchinesische Stadt Tongzhen und studiert in Großbritannien Mathematik. Nach seiner Rückkehr nennt sich Rong Zilai allerdings britisch John Lilley. Mit dem hinterlassenen Silberschatz der Großmutter gründet er die später berühmten „Lilleys Akademie für Mathematik“ und lässt zum allgemeinen Erstaunen sogar Frauen zum Studium zu. So ändert sich auch der Geschäftszweig der Familie Rong. Aus Salzhändlern werden Mathematiker. In diese Familie hinein kommt das uneheliche Kind Rong Jinzehn, ein nicht nur äußerlich seltsamer Mensch sondern auch geistig eine Besonderheit, eine mathematische Ausnahmebegabung, ein Genie.

Interviews mit Meister Rong (wieder ein anderer Rong, beziehungsweise eine andere) und Direktor Zheng sollen die Glaubwürdigkeit der Geschichte untermauern, von der der Autor mehrfach behauptet: „Früher dachte ich einmal, es sei nicht das Wesentliche beim Schreiben, den Leser glauben zu machen, dass eine Geschichte wahr sei. Doch diese Geschichte – nun, mit dieser Geschichte verhält es sich anders, weil sie wirklich wahr ist und keinen Zweifel duldet.“ Und später “ Ich muss also betonen: Diese Geschichte ist historisch belegt, sie ist nicht erfunden, ich habe alles aus aufgezeichneten Interviews zusammengetragen.“

Das unterscheidet auch dieses Buch des Begründers der chinesischen Spionageliteratur von den westlichen Vorstellungen des Genres. Der 1964 geborene Mai Jia vermischt Historisches, Politverbrechen und Entschlüsselungskunst mit dem menschlichen Drama. Der historische Kontext der Geschichte ist die Zeit um die Gründung der Volksrepublik China, spielt aber bis in unsere Zeit hinein.

Gleichzeitig ist die Geschichtet ein Psychogramm des Mathematikgenies Rong Jinzehn, sein Aufstieg und vermeintliches Scheitern, mit Distanz nachvollziehbar auch für jeden Nichtmathematiker, denn schließlich geht es gar nicht um Mathematik, es geht um ein Leben, ein Schicksal. Das verhängnisvolle Talent des Herrn Rong ist keine Mainstreamgeschichte, das hat auch 20th Century Fox erkannt und sich bereits die Filmrechte gesichert, alleine von daher empfehlenswert, das Buch vor dem Film zu lesen. © Claudia Peppenhorst

 

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