Wilsberg – Sag niemals Nein

Wilsberg – Sag niemals Nein

Jürgen Kehrer

Wilsberg – Sag niemals Nein
Kriminalroman
kt., ca. 256 Seiten
EUR 12.00, E-Book EUR 9.99
ISBN 978-3-89425-634-0
Erscheinungsdatum: 03/2020 im Emons Verlag

30 Jahre agiert der Münsteraner Kultdetektiv Georg Wilsberg jetzt schon, als Romanfigur, im gleichnamigen Fernsehkrimi und sogar als Comicfigur. Die Fangemeinde kann sich über die Romanneuerscheinung „Sag niemals Nein“ freuen.

Auf 256 Seiten, die man schnell mal an einem oder zwei Nachmittagen weg lesen kann, löst Georg Wilsberg diesmal einen internationalen Fall.

Als die 15-jährige Emma den Detektiven um Hilfe bittet, ihren Vater, Paul Wilkens, zu beschützen, der sich als Journalist nachts im Wienburgpark mit jemandem treffen will. Es geht um knallharte Recherche, um eine ganz große Sache und Paul Wilkens macht auf seine Tochter den Eindruck, als wenn er sich verfolgt fühle.

Doch mit seinem schroffen Charme lehnt Wilsberg den Auftrag der Minderjährigen ab. Mal wieder gibt es da nichts zu verdienen.

Aber es wäre ein Wunder, ließe sich der Schnüffler nicht doch in den Fall hineinziehen, da siegt immer wieder seine Neugier und sein im Grunde großes Herz. Als Emma ihren Vater abends nicht erreicht, macht Wilsberg sich doch auf den Weg zum Park. Und findet ein Smartphone in einer Blutlache. Von Emmas Vater fehlt jedoch jede Spur.

Paul Wilkens soll sich mit der rechten Szene beschäftigt haben. So geraten Emma und etwas später Wilsberg in die Hände gewaltbereiter Männer. Der Fall entwickelt sich in eine völlig neue Richtung, als Emma einen Anruf ihres Vaters aus Beirut erhält.

Sollte Wilsberg etwa seine Ermittlungen im Nahen Osten weiterführen?

Wer Wilsberg nur als Fernsehschnüffler kennt, sollte sich diesen Roman nicht entgehen lassen. Zwar haben die Münsteraner Polizeileute hier etwas andere Namen, die Parallelen lassen sich jedoch nicht verbergen. Und gekonnt flicht Autor Jürgen Kehrer kleine, witzige Seitenhiebe zwischen Film- und Romanfiguren in die Story ein. Ganz hervorragend hat er die Ausdrucksweise der pubertierenden Emma getroffen, was die Dialoge besonders glaubhaft und lebhaft macht. Schon allein, weil der Titel humorvoll an einen James Bond Film erinnert, sollte man sich diesen Krimispaß nicht entgehen lassen!

Das Gewicht der Worte

Pascal Mercier

Das Gewicht der Worte

Gebundenes Buch und E-Book: 576 Seiten

Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; Auflage: 2 (27. Januar 2020)

 

Welch erdrückendes Gewicht die Worte haben können, zum Beispiel die Worte einer medizinischen Diagnose, die ihm nur noch eine kurze Lebenszeit lässt, erfährt Simon Leyland am eigenen Leib. Dabei kennt er sich wie kaum ein anderer mit Worten aus. Als junger Mann beschließt er alle Sprachen zu lernen, die rund um das Mittelmeer gesprochen werden, ein Plan, durch den er Übersetzer von „guter“ Literatur wird. In England lernt er seine Frau kennen, die Journalistin Livia. Nach dem Tod ihres Vaters übernimmt sie dessen etablierten Buchverlag in Triest. Das Paar lässt sich  mit seinen beiden Kindern in der norditalienischen Stadt nieder. Nach Livias viel zu frühem Tod übernimmt Simon den Verlag. Simon, der nur übersetzte, muss sich plötzlich um das Verlagswesen kümmern und wächst in die Aufgaben hinein. Immer wieder von Migräneanfällen geplagt, verliert er eines Tages kurzfristig seine Sprache und Kontrolle über seinen Körper, die klinische Diagnose: Gehirntumor. Dass das eine Fehldiagnose war, erfährt er erst später. Leylands Leben ändert sich in kurzer Zeit und neben Triest wird London wieder seine Heimat, durch die er interessante, tiefe Freundschaften schließt.

Für den sprachlich ambitionierten Leser ist der Roman ein Schmakerl. Protagonist Leyland führt den Betrachter durch die Höhen und Tiefen der Arbeit des Übersetzers, vermittelt die Schwierigkeiten der genauen Wortwahl und der damit zusammenhängenden Gefühle. Seine Briefe, die er immer wieder an seine verstorbene Frau richtet, sind zwar Wiederholungen des zuvor Erlebten, schildern aber Leylands Gefühlswelt. Redundanz ist ein Mangel dieses Romans. Sprachlich genussvoll breitet Pascal Mercier unaufgeregt das Leben seines Protagonisten aus, Überraschungen und Spannungen darf man nicht erwarten, daher ist das Buch nichts für Leser, die Action erwarten. Besinnlichkeit, Reflektion und Eintauchen in die Gefühlswelt der Romanfiguren ist angesagt, die man gerne als Leser mit der eigenen vergleichen darf, um dadurch ein wenig über das eigene Schicksal nachzudenken.

Das Buch entschleunigt, passend vielleicht zu unserem momentanen Leben in der „Corona-Krise“.