Sandra Lüpkes & Jürgen Kehrer
Was sich liebt, das killt sich: Mörderische Geschichten
Taschenbuch: 250 Seiten
KBV Verlag (17. 9. 2018)
Herrlich schräge Kurzkrimis serviert das Schriftstellerpaar Sandra Lüpkes und Jürgen Kehrer in dem abwechslungsreichen Band „Was sich liebt, das killt sich“. Das Autorenteam weiß, was es tut, hat es doch jahrelange Erfahrung mit erfolgreichen Kriminalgeschichten. Die Kenner wissen sofort, dass es sich hier um die Erfinder, Romanautoren und Drehbuchlieferanten von „Wilsberg“ handelt.
Abwechselnd ließen Lüpkes und Kehrer ihren „mordslustigen“ Gedanken in den 20 Kurzkrimis freien Lauf. Da vermutet der Leser vielleicht einen kleinen Wettstreit, der dahintersteckt, nach dem Motto, wer lässt seine Täter perfider morden.
Manche Geschichte ist durchsichtig und man weiß gleich in welche Richtung es geht, dennoch ist sie so hervorragend geschrieben, dass das Lesevergnügen darunter nicht leidet. Auch darf man die Stories nicht so ernst nehmen, dazu sind die vielen Protagonisten einfach zu schrullig und abgedreht. Da gibt es den Germanistikprofessor, der sich nicht weiter wünscht, als von seiner Liebsten mit“ Schatz“ angesprochen zu werden; die vernachlässigte Ehefrau, die einfach nur mal einen schönen Urlaub mit ihrem Mann verbringen möchte; oder der Tiefkühllieferant, der immer Schwierigkeiten hat, die Tür hinter der die Zanderfilets sind zu öffnen. Und „Wilsberg“ darf natürlich auch nicht fehlen.
Nicht in jeder Geschichte wird gemordet, manchmal geschehen Unglücke, manchmal geht es auch glücklich aus. Schmunzeln ist beim Lesen garantiert, Lacher nicht selten und gruseln braucht sich niemand. Wer auf abgedrehte Geschichten steht, kommt voll auf seine Kosten.
Diese 20 „Krimis“ sind das reine, heitere Lesevergnügen!
Sandra Lüpkes, geboren 1971, hat mit ihren Büchern eine Gesamtauflage von 700 000 Exemplaren erreicht. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Jürgen Kehrer verfasst sie Drehbücher, unter anderem für die erfolgreiche ZDF-Reihe Wilsberg . Zuletzt erschien von ihr die vierbändige Roman-Reihe „Das kleine Inselhotel“.
Jürgen Kehrer, geboren 1956, ist mit neunzehn Kriminalromanen und mehr als zehn Drehbüchern der geistige Vater des Buch- und Fernsehdetektivs Georg Wilsberg. Neben Kriminalromanen veröffentlicht Jürgen Kehrer historische Romane sowie Sachbücher. Zuletzt erschien von ihm – in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Jörg Hartmann – der Comic-Band „Wilsberg – um Kopf und Kragen“.
Bernhard Kegel, Ausgestorben, um zu bleiben
Dinosaurier und ihre Nachfahren
270 Seiten, 55 s/w Abbildungen, gebunden mit Lesebändchen
DUMONT-Verlag
Erscheinungstag: 16.04.2018
ISBN 978-3-8321-9870-1
Bernhard Kegel weiß, wie man faszinierende Sachbücher schreibt. Mit „Ausgestorben, um zu bleiben“ widmet er sich dem Thema Dinosaurier und räumt mit zahlreichen Falschdarstellungen und Vorurteilen auf. Dabei geht es in seinem Buch für Erwachsene nicht um eine bunte Darstellung dieser vor millionen Jahren ausgestorbenen Tiergattung, vielmehr zeigt er die Entwicklung der Paläontologie an verschiedenen Beispielen, wie sich das Bild, das Wissenschaftler und Betrachter von Dinosauriern geändert hat und beweist, dass Nachfahren der Tiere immer noch unter uns leben, nämlich die Vögel.
Spannend beschreibt er was mit den ersten Knochenfunden weltweit passierte. Die wichtige Rolle von Ausgräberin Mary Anning Anfang des 19. Jahrhunderts würdigt er und stellt die Dummheit der Kreationisten bloß, für die die Erdgeschichte gerade einmal 6000 Jahre umfasst. Wie passen da die 170 Millionen Jahre hinein, in denen die Dinosaurier auf unserem Planten gelebt haben.
Andere Themen die er aufgreift sind die „Dinomanie“, die Knochenjäger in den USA, die neueren Entwicklungen der Dinoforschung in China, die belegen, dass wir uns T-Rex und Kollegen nicht als Echsenwesen, sondern eher gefiedert vorstellen müssen. Apropos T-Rex, witzig liest sich der Ausflug in die Filmwelt von Jurassic-Park . Wenn man sich klar macht, dass T-Rex ein Raubtier war, dann werden die Darstellungen dieses Jägers zum running Gag, wenn er laut stampfend auf seine Opfer zuläuft.
Absolut logisch erscheint der Vergleich der riesigen Tiere mit unseren leichten Vögeln, wie sollten sie ihr ungeheures Gewicht tragen können, wenn sie nicht ganz spezielle leichte Knochen hatten. Diese und viele weitere Fragen werden hier hervorragend beantwortet ohne in das Reich der Phantasie abzudriften. Spannend und leicht zu lesen ist „Ausgestorben, um zu bleiben“ das Dinobuch für Erwachsene und Fans und weckt als Erstbegegnung mit dem Autor Interesse an seinen anderen Veröffentlichungen.
Bernhard Kegel, geboren 1953 in Berlin, studierte Chemie und Biologie an der Freien Universität Berlin. Seit 1993 veröffentlichte er mehrere Romane und Sachbücher, zuletzt er-schienen bei DuMont die Sachbücher ›Epigenetik‹ (2009), ›Tiere in der Stadt‹ (2013) und ›Die Herrscher der Welt‹ (2015). Bernhard Kegels Bücher wurden mit mehreren Publizistikpreisen ausgezeichnet. Der Autor lebt in Berlin.
Kerstin Fielstedde – Kamikatze
Ein Katz und Maus Krimi
Emons-Verlag
Broschur, 256 Seiten
ISBN 978-3-7408-0265-3
soeben erschienen
10,90 € [D]
Kamikatze ist nicht der niedliche Katzenroman, wie der Titel leicht andeutet. Kerstin Fielstedde setzt die Fellnasen in ihrem Krimi so geschickt in Szene, dass man sich schnell in der Handlung verliert und mit den Vierbeinern zittert, ob sie die zahlreichen Herausforderungen meistern können.
Gleich zu Anfang gerät Indy, die Top-Agentin des KGB (Katzengeheimbundes) in eine ausweglose Situation. Trotz jeglicher Nahkampfausbildung kann sie ihren Häschern nicht entkommen und wird von Ratten verschleppt. Maine-Coon-Kater Ian, Indys Bruder findet eine Geheimnachricht und macht sich auf die Suche nach seiner vermissten Schwester, die offensichtlich einem riesigen Skandal auf der Spur ist.
Durch ganz Berlin, auch unterirdisch in den Kanälen und Tunneln, geht die Suche nach Indy. Dabei bekommt der Kater Hilfe von einer witzigen Truppe, die sich ihm anschließt. Kann das iCats-Team gemeinsam mit dem BND (Bund Neugieriger Dobermänner) Indy befreien, lebt sie überhaupt noch? Sie haben einen mächtigen Gegner, der über eine riesige Rattenarmee verfügt.
Rassen- und artenübergreifend ist Kommunikation möglich. Verbale Attacken innerhalb des iCat-Teams lassen den Leser schmunzeln. Im Laufe des Krimis wird immer klarer, dass sich der angedeutete Skandal um Bauvorhaben dreht, die jedem Leser ein Begriff sind, da reichen Schlagworte wie Berlin, Stuttgart, Köln.
Bei aller Witzigkeit und den vielen Sprachspielen mangelt es der Geschichte nicht an Spannung. Locker, leicht geschrieben kann man die rund 260 Seiten in einem Rutsch weg lesen und wird nicht nur als Katzenliebhaber seine wahre Freude haben. Wer aber eine abgeschlossene Story erwartet, wird am Ende enttäuscht. Mit einem Cliffhanger entlässt die Autorin ihre Leser. Im Nachwort kündigt sie den nächsten Band an. Zusätzlich werden die Protagonisten mit herrlichen Grafiken und informativen Texten vorgestellt.
Stephen Dobyns
Ist Fat Bob schon tot?
Roman
Gebundene Ausgabe 464 Seiten
Verlag: C. Bertelsmann
Erschienen: 17.04.2017 , 19,99 €
Deutsch von Rainer Schmidt
Ein Motorradfahrer prallt mit voller Wucht gegen eine Laster, der quer zur Straße aus einer Einfahrt kommt. Von dem Harleyfahrer bleibt nicht viel übrig und die Identifizierung gestaltet sich schwierig. Ist der Tote der Besitzer der Maschine Robert Rossi, genannt „Fat Bob“? Connor Raposo wollte doch nur seine Schuhe beim Schuhmacher abholen, den Unfall vor der Schuhmacherwerkstatt hat er nicht gesehen, jetzt kommt er aber mit seinem am Geschäft geparkten Wagen nicht weg, die Polizei hat alles abgeriegelt. Da bleibt nur ein Smalltalk mit einem anderen Wartenden. Kennt er den nicht von irgendwoher? Scheinbar völlig unzusammenhängende Personen und Ereignisse verknüpfen sich im Laufe der Geschichte immer mehr. Und Protagonist Connor Raposo stolper immer tiefer in die Geschehnisse, bis ihm klar wird, dass man auch hinter ihm her ist. Mit umwerfender Situationskomik und lakonischen Dialogen jagt Stephen Dobyns seine Helden durch eine höchst raffinierte Krimigeschichte, die in einem furiosen wie unerwarteten Showdown mündet. Ein Lesevergnügen für alle Freunde des schrägen Humors.
Ja, schräg ist der Humor in diesem ungewöhnlichen Krimi tatsächlich. Connor Raposo ist jung und naiv. Er arbeitet in einem „Familienunternehmen“ „Bounty Inc.“, das Geld von gutgläubigen Bürgern erschwindelt, unter anderem für Aktionen wie „Rettet Beagle vor der Nikotinsucht“. (Da hätte ein Beagle besser aufs Buchcover gepasst als eine Katze.) Solche Machenschaften scheinen wohl nur in den USA möglich. Connors Aufgabe in diesem Unternehmen ist es, die Spendenschecks aus dem Postfach abzuholen, so bleibt ihm viel Zeit sich auch mit anderen Dingen zu beschäftigen. Dadurch gerät er immer tiefer in eine Geschichte, die ihn nichts angeht, hat aber ohne es zu bemerken, mehr Einblick in die Geschehnisse als die beiden schrägen Polizeiermittler Manny und Vikstöm. Überall prallen die Interessen von Möchtegern-Gangsterbossen, Kleinganoven, Obdachlosen, Poizisten und Ehefrauen aufeinander, das löst zweifellos viele Konflikte aus, die der Story immer neue Wendungen geben.
Wer sind denn in diesem Krimi die Guten, wer die Bösen? Eigentlich werden einem beinahe alle Personen nicht zuletzt aufgrund der äußerst detailreichen Skizzierung der Charaktere irgendwie sympathisch. Wo anderer Autoren ein grobes Bild ihrer Protagonisten zeichnen, erfahren Dobyns Lesen scheinbar alles über die Romanfiguren, vom Aussehen her über Gewohnheiten und Marotten bis hin zu ihren Gedankengängen. Einen wesentlichen Teil trägt der allwissende Erzähler bei, der sich direkt an den Leser wendet. Mal gibt er humorvolle Charaktereigenschaften preis, mal bestimmt er, wo die Geschichte weiter geht.
Lassen sie sich nicht verwirren, denn bis zum fulminanten Ende bleibt die Frage offen: „Ist Fat
Marc Elsberg – Helix. Sie werden uns ersetzen
Roman
Hardcover, 648 Seiten
Verlag: Blanvalet
22,99 Euro
Erschienen: 31.10.2016
Gerade frisch aus der Druckerei liest man sich in die neue Story von Marc Elsberg genauso schnell ein wie in seine Zukunftsvisionen „Blackout“ oder „Zero“. Der neue Roman ist „der Hammer“ und trifft den halbwegs informierten Leser entsprechend. Von Gentechnik und -manipulation haben wir alle schon gehört, ein Thema, das immer wieder in den Medien kursiert. Elsberg ist in der Lage damit eine Geschichte zu konstruieren, die absolut glaubwürdig ist und wenn es auch noch nicht heute passieren kann, was er uns da serviert, so doch in naher oder ferner Zukunft.
Mit vielen losen Anfangsfäden spinnt der Autor eine Story, die sich immer mehr verdichtet, spannend bis zur letzten Zeile. Und aus der Hand legen mag man das Buch auch nicht, bevor man es nicht zu Ende gelesen hat.
Der US-Außenminister stirbt bei einem Staatsbesuch in München. Während der Obduktion wird auf seinem Herzen ein seltsames Zeichen gefunden – von Bakterien verursacht? In Brasilien, Tansania und Indien entdecken Mitarbeiter eines internationalen Chemiekonzerns Nutzpflanzen und –tiere, die es eigentlich nicht geben kann. Zur gleichen Zeit wenden sich Helen und Greg, ein Paar Ende dreißig, die auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen können, an eine Kinderwunschklinik in Kalifornien. Der Arzt macht ihnen Hoffnung, erklärt sogar, er könne die genetischen Anlagen ihres Kindes deutlich verbessern. Er erzählt ihnen von einem – noch inoffiziellen – privaten Forschungsprogramm, das bereits an die hundert solcher »sonderbegabter« Kinder hervorgebracht hat, und natürlich wollen Helen und Greg ihrem Kind die besten Voraussetzungen mitgeben, oder? Doch dann verschwindet eines dieser Kinder, und alles deutet auf einen Zusammenhang mit sonderbaren Ereignissen hin – nicht nur in München, sondern überall auf der Welt …
Tibor Rode – Das Mona-Lisa-Virus
Thriller, Bastei Lübbe
462 Seiten, 14,99 €, Paperback
15.04.2016
Schöne Menschen haben größeren Erfolg im Leben, schöne Dinge werden bevorzugt. Warum das so ist, erklärt in der Kunst der sogenannte „Goldene Schnitt“ ein Zahlenverhältnis, das bereits seit der Antike bekannt ist. Die Wissenschaftlerin Helen Morgan – Protagonistin des Thrillers – untersucht dieses Phänomen, die Wirkkraft der Schönheit. Sie hat unter anderem eine Methode entwickelt, mit der sie Kunstwerke vermisst. Ihre Arbeit soll sie auch an dem berühmtesten Gemälde der Welt Leonardo da Vinci Mona Lisa durchführen. Dazu kommt Helen jedoch nicht, denn die Ereignisse überschlagen sich und sie wird in eine Geschichte hineingezogen, deren Ausmaße niemand zu durchschauen scheint.
In Amerika verschwindet eine Gruppe von Schönheitsköniginnen und taucht durch Operationen entstellt wieder auf. In Leipzig sprengen Unbekannte das Alte Rathaus, und in Mailand wird ein Da-Vinci-Wandgemälde zerstört. Gleichzeitig verbreitet sich auf der ganzen Welt ein Computervirus, das Fotodateien systematisch verändert und außerdem gibt es ein mysteriöses Bienensterben.
Irgendjemand hat offensichtlich der Schönheit den Kampf angesagt. Aber was haben Bienen damit zu tun? Mit der Frage, wie diese Ereignisse zusammenhängen beschäftigte sich nicht nur Helen Morgen, die erfährt, dass ihre Tochter entführt wurde, sondern auch FBI-Agent Millner. Der Anfang des Komplotts scheint in der Schaffung des berühmten Mona-Lisa-Gemäldes vor 500 Jahren zu liegen.
Tibor Rodes Roman bietet ein kurzweiliges Lesevergnügen, ein echter Thriller. Er erinnert ein wenig an Dan Browns Verschwörungskrimis. Auch Rhodes Geschichte setzt in einigen Passagen auf den „deus ex macina“, das Geld und den Einfluss eines der reichsten Männer der Romanwelt. Dennoch ist die Geschichte logisch aufgebaut und lässt keine Frage offen. Schwierig ist der etwas holprige Einstieg. Verschiedene Orte und Handlungen werden zusammenhanglos hintereinander gesetzt. Wer aber die Geduld aufbringt, den einzelnen losen Fäden zu folgen, wird mit einem spannenden Stoff beschert.
Patrick Brosi – Der Blogger
Kriminalroman
456 Seiten, Paperback
Emons Verlag, Köln, 2015
14,95 €
Aus vielen losen Fäden spinnt Patrick Brosi seinen Krimi, in dem es um die undurchsichtigen Machenschaften der Pharmaindustrie geht. „Die Umsätze der Pharmaindustrie liegen zurzeit bei über einer Billion Dollar im Jahr. Das sind tausend Milliarden. Eine Million Millionen.“ Da wird vielleicht der eine oder andere brutale Mord in Kauf genommen.
Nach dem Vorbild von Enthüllungsblogger Julian Assange versucht auch „Der Blogger“ René Berger ungeheure Hintergründe aufzudecken. Lange ist es um ihn ruhig geworden, er scheint untergetaucht.
Der Chefredakteur der Berliner-Post einer online-Zeitung setzt Marie Sommer auf Berger an, sie soll ihn aufspüren und dem Blogger Informationen und Quellen entlocken. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Simon haben sie Wochen Zeit im Schwarzwald Berger zu kontaktieren und geraten in einen Strudel aus Manipulationen und Abhöraffäre.
Ein Mann wird vermisst. Er hat am Titisee ein Ruderboot gemietet, fährt auf die Mitte des Sees und verschwindet spurlos. Selbstmord? Der stark übergewichtige Kommissar Andreas Nagel soll den Fall klären.
Und so gibt es noch einige andere lose Fäden, die Autor Patrick Brosi geschickt zu einer spannenden Geschichte verwebt, einer Mischung aus Krimi, Spionagethriller und sozialen Dramen. Sprachlich hapert die Geschichte gelegentlich am süddeutschen Idiom, das den Lektoren wohl durchgegangen ist und einigen etwas übertrieben schwülstigen Satzpassagen. Davon abgesehen wird man allmählich in eine sich immer verdichtendere Story hineingezogen, bei der auch das ständige Hin und Her hüpfen im Zeitstrang nicht mehr allzu störend wirkt.
Nebenbei erfährt der Leser einiges über das „Wirken“ der Pharmaindustrie und wie könnte es da anders sein, einiges über Medikamente, Tests, Zulassungen, Nebenwirkungen und Konkurrenzkampf. Selbstverständlich schlucken auch die Protagonisten die eine oder andere Pille, mit Nebenwirkungen.
Rita Falk – Leberkäsjunkie
dtv premium, 2016
Originalausgabe
320 Seiten, 15,90 € broschiert
Ach ja, der Eberhofer Franz hat’s schwer, er ist Papa geworden, aber so recht etwas von seinem Sprößling hat er nicht, denn die Susi macht ihm Stress, die Besuchszeiten organisiert die Mutter knallhart durch, da k
ennt sie kein Pardon. Schließlich sind Franz und Susi ja nicht verheiratet, eben nur Vater und Mutter. Und außerdem lässt die Susi den Franz irgendwie nicht mehr näher an sich rankommen.
Nach seiner Versetzung nach München sieht die Welt für den Dorfpolizisten ja etwas anders aus, ausgerechnet da passiert wieder etwas in Niederkaltenkirchen, die Pension von der Mooshammer Liesl brennt ab und mit der Pension ein Fremder, der mit Brandpaste beschmiert und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurde. Wer ist das Brandopfer, was wollte es im Dorf? Schnell gerät der angolanische Fußballspieler Buengo vom FC Rot-Weiß Niederkaltenkirchen unter Mordverdacht. Franz nimmt die Ermittlungen auf natürlich mit der aufgedrängten Hilfe seines Ex-Kollegen und Freundes dem Birkenberger Rudi.
Aber dem Franz wird immer so schwummrig. Auch dem Doktor Brunnermeier gefällt der Eberhofer gar nicht und so führen die Schwindelanfälle
dazu, dass der Franz von der Oma auf Cholesterindiät gesetzt wird, Schluss mit Fleischpflanzerln oder mit den „Warmen“ vom Simmerl. Das erschwert die Ermittlungen ungemein und der „Leberkäsjunkie“ Franz leidet unter Entzugserscheinungen, seine Laune ist damit auch völlig im Keller.
Nicht aber die Laune der Leser. Mit dem siebten Eberhofer-Krimi geht die Provinzkrimireihe um Franz und seinen treuen Hund Ludwig, die schwerhörige Oma, den kiffenden Papa, den ungeliebten Bruder Leopold, Ex-Kollegen Rudi und den anderen wohlbekannten und geliebten Figuren weiter. Logisch und liebevoll gestaltet Rita Falk ihre Geschichte und die Figuren. Wieder kann der Leser in die nicht immer heile Dorfwelt eintauchen. Zu lachen gibt es selbstverständlich bei den Falk-Krimis sehr viel. Sie ist eine der wenigen, die es gekonnt versteht Witz und Krimigeschichte zu verbinden, so wird das Lesen zu einem Leckerbissen. Zum Schluss gibt es außerdem alle erwähnten Gerichte der Oma noch einmal zum Nachkochen vom Franz aufgeschrieben, und auch die Koch- und Backrezepte sind mit reichlich Humor gewürzt.
J.B.Morrison: Wie Frank Derrick mit 81 Jahren das Glück kennenlernte. Roman aus dem Englischen von Ka-rin Meddekis. Lübbe, Köln. 286 Seiten, 14,99 Euro Pa-perback
Beim Namen J. B. Morrison klingelt es bei dem einen oder anderen vielleicht im Musikgedächtnis, denn der vielseitige britische Autor war Mitglied der berühmten Indie-Rock-Band Carter USM und hat außerdem schon mehrere Soloalben veröf-fentlich, Drehbücher ge-schrieben und trat sogar in einem Musical auf. Mit „Wie Frank Derrick mit 81 Jahren das Glück kennenlernte“ fühlt er sich mit seinen 55 Jahren problemlos in die Welt alter Leute ein.
Im Grunde bestimmt die Langeweile das Leben des Protagonisten Frank Derrick, der alleine mit seinem Kater Bill in einem Haus wohnt. Frank macht sich so seine Gedanken, wie es weiter-geht, wenn er durch einen Unfall ans Haus gefesselt ist. Schafft er es dann noch die Kredithaie, Dachdecker, Ver-sicherungsvertreter abzu-wimmeln und erst recht die Hersteller von Treppenlifts. Und dann kommt Franks 81. Geburtstag und das abstruse Unglück passiert, er wird von einem Milchwagen überfah-ren. Der Milchmann hatte bei acht Kilometern pro Stunde die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Für Frank nicht so witzig wie für den Leser.
Nach der Krankenhausent-lassung mit eingegipstem Arm kommt jedoch das Glück in Franks Leben in Form von „Weihnachten“. Kelly Christmas, die Haus-haltshilfe betreut den Alten wöchentlich für einige Stun-den. Das bringt den im Kopf eigentlich ganz jung geblie-benen Greis auf immer wie-der neue Ideen. Frank Der-rick entdeckt, dass es außer-halb seiner vier Wände noch eine Welt gibt mit vielen teils seltsamen Menschen. Er beginnt diese Welt zu erkunden, erlebt viele kleine Abenteuer und wird immer mutiger. In Franks humorvoll Ausdrucksweise mit Sioux-Namen, die er einigen Leu-ten gibt: „Die-die-das-Buch-lesen“ werden ihren Spaß an dem feinsinnigem Humor haben.
Sehr empfehlenswert für jeden, der alt werden möch-te, sich einmal auf diese sehr witzige Weise mit den großen und kleinen Proble-men des Altwerdens zu be-schäftigen. Wie dieses Buch sehr schön verdeutlicht ist Altern nicht nur ein körperli-cher Prozess, sondern auch ein geistiger und emotiona-ler, dem jeder nach seinen Möglichkeiten etwas entge-gensetzen kann.
Salman Rushdie: Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte. Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Bertelsmann, München. 380 Seiten, 19,99 Euro.
Der große Geschichtenerzähler Salman Rushdie liefert mit seinem neuen Roman „Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte“ ein Märchen von Dschinns und Dschinnyas, den weiblichen Märchenwesen, und hier besonders von der hochrangigen Dschinnya-Prinzessin Dunja, die sich in den Philosophen Ibn Ruschd verliebt und mit ihm eine ungezählte Kinderschar zeugt. So geschieht es zum Ende des Kalifats in Spanien, also im Mittelalter. Doch das ist nur der Beginn einer sehr kriegerischen Geschichte, denn nachdem der Mensch Ibn Ruschd stirbt und sich im Grab mit seinem Widersacher über Religion und Gott streitet, lebt Dunja als Geistwesen natürlich weiter.
„Niemand bemerkte es oder interessierte sich dafür, dass sie sich eines Tages zur Seite drehte, durch einen Schlitz in der Welt glitt und nach Peristan zurückkehrte, in die andere Realität, die Welt der Träume, die die Dschinn in regelmäßigen Abständen verlassen, um die Menschheit zu plagen oder zu beglücken.“
Die Schlitze in die Anderswelt schlossen sich, doch vielleicht ist es der philosophische Streit zwischen Ibn Rushd und seinem konservativen Gegner Gahzali, für den die Ewigkeit das wahre Leben ist, der die Durchgänge wieder öffnet. So muss Dunja handeln, denn
„Ihr Geliebter bat sie von jenseits des Grabes, ihre verstreute Familie zu vereinen und ihr zu helfen, gegen die kommende Weltkatastrophe zu kämpfen.“
Es gibt nicht nur gute Dschinns und Dschinnyas.
„Leider kehrten auch andere Bewohner der Dschinn-Welt in die Gebiete der Menschen zurück, und nicht alle hatten Gutes im Sinn.“
Sie stürzen unsere moderne Welt ins Chaos. Das zeigt Salman Rushdie an einer großen Anzahl an Personen. Es beginnt ganz klein, erst schwebt Mr. Geronimo ein winziges Stückchen über dem Boden, soviel dass ein Blatt Papier unter seine Schuhsolen passt. Doch das steigert sich. Die bösen Dschinns stürzen die Welt ins Chaos. Der Krieg zwischen Bösen und Guten wird von Persistan in unsere Welt getragen, es herrscht Terror. Können Dunja und ihre Nachkommen die Welt retten? Gibt es eine Waffe gegen den Terror?
Man muss sich nicht mit Philosophie oder Religionswissenschaften auskennen, um sich seine Meinung zu bilden und Position zu beziehen, auch in dem offensichtlich nie endenden Krieg der Gesinnungen. Bei aller Ernsthaftigkeit des hochaktuellen Themas, das der Autor hier in der Übertragung in die Märchenwelt aus tausendundeiner Nacht anspricht, lässt das Buch eine große Portion Humor nicht vermissen und ist außerdem hollywoodreifes „Kopfkino“. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die phantastische Geschichten lieben aber auch für die, die Bezüge zum aktuellen Weltgeschehen in dieser abgedrehten Form überdenken möchten. Ein Buch, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Rita Falk –Zwetschgendatschikomplott
Erschienen: 2015
Verlag: dtv
Preis: Taschenbuch – 14,90 €
272 Seiten
Rita Falks sechster Provinzkrimi ist wieder einmal eine gelungene und viel zu kurze Geschichte um den eigenwilligen Dorfpolizisten Franz Eberhofer. Für den, der die Protagonisten, den Franz, dessen schwerhörige Oma und den kiffenden Papa, Bruder Leopold „die Schleimsau“, und einige Dorfbewohner wie beispielsweise den „Gas-Wasser- Heizungsfuscher Flötzinger“, Metzger Simmerl und anderen Personen bereits kennten gelernt hat, ist das Lesen von Rita Falks neuem Provinzkrimi „Zwetschgendatschikomplott“ ein bisschen wie nach Hause kommen. Man kennt sie alle, weiß um ihre Macken und Marotten und ist heilfroh, den neusten Klatsch im Dorf zu erfahren.
Endlich wieder einmal -besonders neugierig auf die Entwicklung im Leben des Protagonisten – kann man mitfiebern, was denn nun aus dem Franz und seiner Susi wird. Rita Falk hat eine große Fangemeinde, ein Krimi ist schon verfilmt worden. Ungeduldig haben viele bereits auf die neuen Verwicklungen von Dorfpolizist Franz Eberhofer, der inzwischen in München ermittelt, gewartet. Nach längerer Abwesenheit von daheim möchte man doch auch erfahren, was die alten Bekannten so machen und wie es den Freunden geht. So treibt Rita Falk die persönliche Entwicklung im Leben der Romanfiguren bedächtig vorwärts, gerade genug für diese knapp 260 Seiten und mit viel Spielraum für weitere Geschichten.
Wie in allen Fällen vorher macht Franz Eberhofer erst einmal wenig, und diesmal verpennt er sogar seine Trauung mit der Susi. Ja der Franz hat ein Geschick wenig zu tun und doch alles falsch zu machen. „Himmelherrgott noch mal, wie soll man sich denn da auf seinen Job konzentrieren und diese Wiesnmorde aufklären, wenn`s privat grade Kuhfladen schneit“, fragt er sich irgendwann. Wiesenmorde? Wieso das? Im Anruf von Freund Rudi ist doch nur von einem Damenfinger im Schnabel einer Krähe die Rede.
So ermittelt der Franz diesmal mit dem Rudi, der irgendwann aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist. Im Roman ist so etwas möglich. Genauso wie der Franz im Dorf mit seiner Dienstwaffe rumballern kann, um für Ruhe zu sorgen. Dafür muss er keine Konsequenzen in Kauf nehmen. Über solche Ungereimtheiten muss man hinwegsehen, wenn man Spaß am Lesen haben will. Sie werden ja auch nicht hingehen und bei einem jedem Witz den sie hören, die Sinnhaftigkeit hinterfragen. Wer das tut, sollte die Finger von diesen Büchern lassen. Wer das locker sieht, hat mit Falks Büchern ein riesen Lesevergnügen und eine herrliche Urlaubslektüre.
Aber am Ende des Krimis ist übrigens wieder alles gut, sicher, ganz sicher, die Welt ist heile. Die Oma „schlenzt“ – ihre Liebesbezeugung – allen möglichen Leuten die Wange nur dem „bescheidener Held“ Franz Eberhofer haut sie eine rein und schreit ihn an, dem Franz wird schwarz vor Augen. Was ist denn da wieder passiert? Jetzt kann sich jeder selber seine Gedanken machen, die Geschichte für sich weiterspinnen oder auf die Fortsetzung warten und sich die Zeit mit Nachkochen der leckeren angehängten Rezepten verkürzen.
Emotion Caching ein Thriller von Heike Vullriede
Reken. Verzeihen Sie, wenn ich etwas aushole. Ich hatte gerade Stephen Kings Doctor Sleep aus der Hand gelegt, ein Buch, das mich von vorne bis hinten in seinen Bann gezogen hatte. Der große King-Fan bin ich nicht, es war erst meine zweite Begegnung mit dem Autor, aber Respekt, die Story lief beim Lesen genau so toll ab wie ein guter Hollywoodfilm. Von King muss ich bei Gelegenheit noch einmal etwas lesen, dachte ich für mich. Und nach solch einem tollen Buch stellt sich die schwierige Frage, an was ich mich als nächstes wage, denn in der Regel ist bei mir die Enttäuschung vorprogrammiert, nur eins von zehn Büchern gefällt mir so gut.
Sie werden sich fragen, was das mit einer Rezension von Heike Vullriedes „Emotion Caching“ zu tun hat. Nun, ganz einfach, Emotion Caching fiel mir als nächstes Buch in die Hand. Meine Vorbehalte waren entsprechend groß, Heike Vullriede nach dem weltberühmten King, das kann nicht gut gehen. Eine „Provinzautorin“ nach dem „Meister des Grauens“, damit kann ich Vullriede nur Unrecht tun. Ich sollte noch einige Bücher dazwischen schieben, Abstand zu King gewinnen. Vielleicht einfach nur etwas Kurzes, denn Emotion Caching ist über 300 Seiten stark. So machte ich mir meine Gedanken, um der ja immer noch recht „jungen“ Schriftstellerin gerecht zu werden. Emotion Caching ist erst ihr dritter Roman. Ich wagte einen kurzen Blick auf die ersten Seiten, wollte schauen, ob sich Vullriedes Erzähl- und Schreibstil weiter entwickelt hat. Doch dann geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich wurde von der ersten Seite an in eine Story hineingerissen, die mich nicht mehr los ließ. Jede Wendung der Geschichte entwickelt sich absolut logisch und leicht nachvollziehbar, die 500 Seiten scheinen an einem Abend dahin erzählt worden zu sein. Da war wieder dieses Gefühl in einem spannenden Film zu sitzen, diese Mal nicht Hollywood sondern ein hervorragender Krimi im deutschen Abendprogramm, allerdings gibt es hier keine Ermittler, keine Polizei, die etwas aufklärt, Auf einen Mord wartet man scheinbar vergeblich. Was da passiert ist ein Spiel, ein Kinderspiel und dann auch wieder perfide kriminell. Protagonistin ist Kim, irgendwo zwischen Pubertät und Erwachsen werden ist sie auf der Suche nach Gefühlen, die sie nicht mehr empfinden kann. Der Verlust der geliebten Vaters in ihrer Kindheit hat die junge Frau stark verstört, sie glaubt, selber nicht mehr zu normalen Gefühlen fähig zu sein, daher kommt sie auf eine absurde Idee. Kim will starke Gefühle anderer Menschen im Videofilm festhalten. Schnell findet sie Zustimmung in ihrer Clique, die aus ihr, Benny, Nico und Lena besteht. Sich auf die Lauer legen, um andere Menschen zu filmen, ist eine Sache, die Gefühle der Gefilmten jedoch ins extreme zu steigern eine andere. Dazu müssen die Kandidaten durch fiese Tricks gereizt werden. Die Sache verselbständigt sich irgendwie, ein Toter scheint ein Unfall zu sein, ein weiterer ein Mord. Wer ist der Mörder? Ein Mitglied der Clique, ein Außenstehender. Die Sache wird auch für die vier Gruppenmitglieder undurchsichtig.
Die zahlreichen Verwicklungen ergeben sich für den Leser absolut schlüssig, die Handelnden in der Story führen sie immer wieder in die Irre. Zwar ergibt sich zum Ende eine Lösung, die der aufmerksame Leser erahnen kann, jedoch beschreibt Vullriede dieses Ende sehr intensiv ohne allerdings in Sentimentalitäten oder Kitsch zu versinken. Ein packender und ungewöhnlicher Thriller, der absolut nicht mit dem Mainstream zu vergleichen ist. Heike Vullriede ist immer für eine Überraschung gut. Dieses Buch hat das Potential ganz oben in den Bestsellerlisten zu landen.
13,95 €
LUZIFER VERLAG
PERFECT PAPERBACK
THRILLER
320 Seiten
ISBN: 978-3-95835-062-5
ERSTERSCHEINUNG: 30.07.2015
E-Book bereits lieferbar
Vanessa Roggeri – Das Wilde Herz des Wacholders – dtv premium
dtv bewirbt dieses Buch auf der Rückseite als „einen ungewöhnlichen Frauen- und Sadinienroman: atmosphärisch, mysteriös und emotionsgeladen bis zur letzten Seite“. Damit hat der Verlag mit sechs Begriffen sowohl Zielgruppe, Inhalt und Schreibstil treffend zusammengefasst.
Wer sich jedoch bei dem Begriff „Frauenroman“ bereits abwendet, verpasst eine tatsächlich hervorragend erzählte unbekannte Geschichte. Nicht nur Geschichte als Erzählform, sondern auch als historisch soziologischer Hintergrund. Oder wissen Sie was eine „Coga“ ist und welchen Schrecken sie unter der sardischen Bevölkerung im 19. Jahrhundert verursachte?
In einem kleinen Dorf auf Sardinien schenkt Assunta Zara ihrem Severino in einer Gewitternacht zu Allerseelen 1880 ein Kind, kein glückliches Ereignis, denn es ist bereits das siebte. Und was noch viel schlimmer ist, es ist das siebte Mädchen. Damit ist das Kind automatisch nach dem sardischen Volksglauben eine „coga“, eine Art Hexe. Die schleichen sich in der Nacht ins Haus, um das Blut neugeborener Knaben auszusaugen. Sie können jede Menge Übel über die Menschen bringen, Tiere verhexen, Krankheiten bringen und jede beliebige Form annehmen.
Das Baby soll getötet werden, aber Vater Severino schafft es nicht die Kleine zu erschlagen, er lässt sie in der Novembernacht in Regen und Kälte liegen. Seine älteste Tochter Lucia jedoch rettet das Neugeborene, gibt ihm den Namen Ianetta. Von da an scheint ein Fluch über der Familien zu liegen. Jeder Schicksalsschlag wird auf die „coga“ zurückgeführt. Ianetta wächst zwar auf dem Hof der Zaras auf, gehört jedoch nicht mit zur Familie, eher wird sie behandelt wie eine streunende Katze, der man Unterschlupf gewährt und irgendwo etwas zu essen hinstellt.
Auf eindrucksvolle Art zeigt der Roman, was ein tief verwurzelter Aberglaube alles bewirken kann und dass der rationale Verstand kaum in der Lage ist gegen Gefühle anzukommen. Was aus den Mitgliedern der Familie Zara im Laufe einer Generation wird und ob eine „coga“ tatsächlich Unglück über die Menschen bringt oder eher über sich selbst, das erfährt man auf 270 Seiten, bei einem kurzweiligen Lesevergnügen. Allerdings darf bei einem „Frauenroman“ eine gehörige Portion Kitsch nicht fehlen. Oder ist es wegen des Kitschs ein „Frauenroman“? Auf jeden Fall fehlt auch hier nicht die unvermeidliche Liebesgeschichte, sogar mit einem Arzt, Intrigen inbegriffen.
Übrigens hätte die Autorin aus dem Sujet einen spannungsgeladenen historischen Thriller machen können, aber sie hat sich entschieden uns einen „Frauenroman“ zu servieren. Nach dem Erstlingswerk der 1976 in Cagliari geborenen Vanessa Roggeri folgte im Mai 2015 ihr neuer Roman `Fiore di fulmine´ in Italien. Ganz ausgezeichnet hat Esther Hansen Roggeris Debütroman aus dem Italienischen in ein blumiges Deutsch übersetzt.
Das wilde Herz des Wacholders: Roman Taschenbuch – 19. Juni 2015
dtv premium, Taschenbuch (Juni 2015), 272 Seiten, 14,90 €
von Vanessa Roggeri (Autorin), Esther Hansen (Übersetzerin)