Was sich liebt, das killt sich

Sandra Lüpkes & Jürgen Kehrer

Was sich liebt, das killt sich: Mörderische Geschichten

Taschenbuch:  250 Seiten

KBV Verlag (17. 9. 2018)

 

Herrlich schräge Kurzkrimis serviert das Schriftstellerpaar Sandra Lüpkes und Jürgen Kehrer in dem abwechslungsreichen Band „Was sich liebt, das killt sich“. Das Autorenteam weiß, was es tut, hat es doch jahrelange Erfahrung mit erfolgreichen Kriminalgeschichten. Die Kenner wissen sofort, dass es sich hier um die Erfinder, Romanautoren und Drehbuchlieferanten von „Wilsberg“ handelt.

Abwechselnd ließen Lüpkes und Kehrer ihren „mordslustigen“ Gedanken in den 20 Kurzkrimis freien Lauf. Da vermutet der Leser vielleicht einen kleinen Wettstreit, der dahintersteckt, nach dem Motto, wer lässt seine Täter perfider morden.

Manche Geschichte ist durchsichtig und man weiß gleich in welche Richtung es geht, dennoch ist sie so hervorragend geschrieben, dass das Lesevergnügen darunter nicht leidet. Auch darf man die Stories nicht so ernst nehmen, dazu sind die vielen Protagonisten einfach zu schrullig und abgedreht. Da gibt es den Germanistikprofessor, der sich nicht weiter wünscht, als von seiner Liebsten mit“ Schatz“ angesprochen zu werden;  die vernachlässigte Ehefrau, die einfach nur mal einen schönen Urlaub mit ihrem Mann verbringen möchte; oder der Tiefkühllieferant, der immer Schwierigkeiten hat, die Tür hinter der die Zanderfilets sind zu öffnen.  Und „Wilsberg“ darf natürlich auch nicht fehlen.

Nicht in jeder Geschichte wird gemordet, manchmal geschehen Unglücke, manchmal geht es auch glücklich aus. Schmunzeln ist beim Lesen garantiert, Lacher nicht selten und gruseln braucht sich niemand. Wer auf abgedrehte Geschichten steht, kommt voll auf seine Kosten.

Diese 20 „Krimis“ sind das reine, heitere Lesevergnügen!

 

Sandra Lüpkes, geboren 1971, hat mit ihren Büchern eine Gesamtauflage von 700 000 Exemplaren erreicht. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Jürgen Kehrer verfasst sie Drehbücher, unter anderem für die erfolgreiche ZDF-Reihe Wilsberg . Zuletzt erschien von ihr die vierbändige Roman-Reihe „Das kleine Inselhotel“.

 

Jürgen Kehrer, geboren 1956, ist mit neunzehn Kriminalromanen und mehr als zehn Drehbüchern der geistige Vater des Buch- und Fernsehdetektivs Georg Wilsberg. Neben Kriminalromanen veröffentlicht Jürgen Kehrer historische Romane sowie Sachbücher. Zuletzt erschien von ihm – in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Jörg Hartmann – der Comic-Band „Wilsberg – um Kopf und Kragen“.

 

 

Bernhard Kegel, Ausgestorben, um zu bleiben

Bernhard Kegel, Ausgestorben, um zu bleiben

Dinosaurier und ihre Nachfahren

270 Seiten, 55 s/w Abbildungen, gebunden mit Lesebändchen
DUMONT-Verlag
Erscheinungstag: 16.04.2018
ISBN 978-3-8321-9870-1

Bernhard Kegel weiß, wie man faszinierende Sachbücher schreibt. Mit „Ausgestorben, um zu bleiben“ widmet er sich dem Thema  Dinosaurier und räumt mit zahlreichen Falschdarstellungen und Vorurteilen auf. Dabei geht es in seinem Buch für Erwachsene nicht um eine bunte Darstellung dieser vor millionen Jahren ausgestorbenen Tiergattung, vielmehr zeigt er die Entwicklung der Paläontologie an verschiedenen Beispielen, wie sich das Bild, das Wissenschaftler und Betrachter von Dinosauriern geändert hat und beweist, dass Nachfahren der Tiere immer noch unter uns leben, nämlich die Vögel.

Spannend beschreibt er was mit den ersten Knochenfunden weltweit passierte. Die wichtige Rolle von Ausgräberin Mary Anning Anfang des 19. Jahrhunderts würdigt er und stellt die Dummheit der Kreationisten bloß, für die die Erdgeschichte gerade einmal 6000 Jahre umfasst. Wie passen da die 170 Millionen Jahre hinein, in denen die Dinosaurier auf unserem Planten gelebt haben.

Andere Themen die er aufgreift sind die „Dinomanie“, die Knochenjäger in den USA, die neueren Entwicklungen der Dinoforschung in China, die belegen, dass wir uns T-Rex und Kollegen nicht als Echsenwesen, sondern eher gefiedert vorstellen müssen. Apropos T-Rex, witzig liest sich der Ausflug in die Filmwelt von Jurassic-Park . Wenn man sich klar macht, dass T-Rex ein Raubtier war, dann werden die Darstellungen dieses Jägers zum running Gag, wenn er laut stampfend auf seine Opfer zuläuft.

Absolut logisch erscheint der Vergleich der riesigen Tiere mit unseren leichten Vögeln, wie sollten sie ihr ungeheures Gewicht tragen können, wenn sie nicht ganz spezielle leichte Knochen hatten. Diese und viele weitere Fragen werden hier hervorragend beantwortet ohne in das Reich der Phantasie abzudriften. Spannend und leicht zu lesen ist „Ausgestorben, um zu bleiben“ das Dinobuch für Erwachsene und Fans und weckt als Erstbegegnung mit dem Autor Interesse an seinen anderen Veröffentlichungen.

 

Bernhard Kegel, geboren 1953 in Berlin, studierte Chemie und Biologie an der Freien Universität Berlin. Seit 1993 veröffentlichte er mehrere Romane und Sachbücher, zuletzt er-schienen bei DuMont die Sachbücher ›Epigenetik‹ (2009), ›Tiere in der Stadt‹ (2013) und ›Die Herrscher der Welt‹ (2015). Bernhard Kegels Bücher wurden mit mehreren Publizistikpreisen ausgezeichnet. Der Autor lebt in Berlin.

 

Kerstin Fielstedde – Kamikatze

Kerstin Fielstedde – Kamikatze

Ein Katz und Maus Krimi

Emons-Verlag

Broschur, 256 Seiten

ISBN 978-3-7408-0265-3

soeben erschienen

10,90 €  [D]

Kamikatze ist nicht der niedliche Katzenroman, wie der Titel leicht andeutet. Kerstin Fielstedde setzt die Fellnasen in ihrem Krimi so geschickt in Szene, dass man sich schnell in der Handlung verliert und mit den Vierbeinern zittert, ob sie die zahlreichen Herausforderungen meistern können.

Gleich zu Anfang gerät Indy, die Top-Agentin des KGB (Katzengeheimbundes) in eine ausweglose Situation. Trotz jeglicher Nahkampfausbildung kann sie ihren Häschern nicht entkommen und wird von Ratten verschleppt. Maine-Coon-Kater Ian, Indys Bruder findet eine Geheimnachricht und macht sich auf die Suche nach seiner vermissten Schwester, die offensichtlich einem riesigen Skandal auf der Spur ist.

Durch ganz Berlin, auch unterirdisch in den Kanälen und Tunneln,  geht die Suche nach Indy. Dabei bekommt der Kater Hilfe von einer witzigen Truppe, die sich ihm anschließt. Kann das iCats-Team gemeinsam mit dem BND (Bund Neugieriger Dobermänner)  Indy befreien, lebt sie überhaupt noch? Sie haben einen mächtigen Gegner, der über eine riesige Rattenarmee verfügt.

Rassen- und artenübergreifend ist Kommunikation möglich. Verbale Attacken innerhalb des iCat-Teams lassen den Leser schmunzeln. Im Laufe des Krimis wird immer klarer, dass sich der angedeutete Skandal um Bauvorhaben dreht, die jedem Leser ein Begriff sind, da reichen Schlagworte wie Berlin, Stuttgart, Köln.

Bei aller Witzigkeit und den vielen Sprachspielen mangelt es der Geschichte nicht an Spannung. Locker, leicht geschrieben kann man die rund 260 Seiten in einem Rutsch weg lesen und wird nicht nur als Katzenliebhaber seine wahre Freude haben. Wer aber eine abgeschlossene Story erwartet, wird am Ende enttäuscht. Mit einem Cliffhanger entlässt die Autorin ihre Leser. Im Nachwort kündigt sie den nächsten Band an. Zusätzlich werden die Protagonisten mit herrlichen Grafiken und informativen Texten vorgestellt.

 

Das schwarze Schaf

Das schwarze Schaf

Thomas Hesse/Renate Wirth

emons: Kriminalroman; 2017

Broschur, 288 Seiten

 

„Die Blütezeit des Regionalkrimis ist vorbei“, so formulierte es ein erfolgreicher Berliner Schriftsteller, der selbst viel Regionalkrimis verfasst hat. Lesenswert ist die Story, die in Wesel und am Niederrhein spielt dennoch.

Mit „Das schwarze Schaf“ gibt das Autorenduo Hesse/Wirth einen herrlichen Einblick in die liebenswerten Menschen am Niederrhein und in ein Problem, von dem die meisten bisher kaum gehört haben, die Betuwe-Linie. Dabei handelt es sich um eine Bahnverbindung zwischen den niederländischen Nordseehäfen und dem westlichen Ruhrgebiet, auf der hauptsächlich Güter transportiert werden. Der Ausbau steht unter vehementer Kritik der Anwohner. Dass es da Gruppen gibt, die sich radikalisieren bleibt nicht aus.

Hängt das Verschwinden von Hauptkommissarin Karin Krafft damit zusammen? Jedenfalls ist die Chefin der Weseler Polizei spurlos verschwunden. Auf dem Rastplatz Hünxe-Ost an der A3 finden die Kollegen das Fahrzeug von Karin, daneben ihren Hund, der sich nicht von der Stelle rührt, eben ein ausgebildeter Polizeihund, der streng auf seinen Befehl gehorcht. Und da ist noch ein Blutfleck. Karins Blut? Einige Zeit später wird die geköpfte Leiche einer Frau gefunden, mit Karins Kleeblatt-Tätowierung auf dem Oberarm, der Kopf fehlt. Unter Hochdruck versuchen die Kollegen der Weseler Kommissarin den Fall aufzuklären, der immer verwirrenden wird.

Der spannend erzählter Krimi bietet kurzweilige Lektüre und ist nicht nur für die Leser ein Genuss, die in der Gegend leben. Regionalkrimi bedeutet ja nicht, dass es heimeln muss. Hier jedenfalls werden Probleme angesprochen, die überall in Deutschland auftreten können. Und „schwarze Schafe“ gibt es auch überall. Finden sie heraus, wer das hier ist.

 

 

 

Hörbuch „Oryx und Crake“

Oryx und Crake

von Margarte Atwood

als Hörbuch

Spieldauer: 11 Stunden 15 Minuten
Verlag: Ronin Hörverlag, 2017

 

 

 

„Sprechergott 2016“ Uve Teschner bringt Sie mit dem gerade im Ronin Hörverlag eingelesenen Werk „Oryx und Crake“ von Margaret Atwood in eine dystopische Endzeitstimmung.

„Oryx und Crake“ ist der erste Teil der Maddaddam Trilogie der kanadischen Schriftstellerin und Friedenspreisträgerin 2017.

Mit einem Fuß stehen wir heute bereits vom Denk- und Machbaren in der Realität der Geschichte von „Oryx und Crake“. Dadurch ist sie leicht nachzuvollziehen und man kann sich voll der hervorragenden Erzähleise von Uve Teschner hingeben.

„Schneemensch“ lebt ohne jede Zivilisation in der Wildnis des späten 21. Jahrhundert. Kleidung benötigt er nicht, ein altes Bettlaken schützt ihn vor Insekten und der veränderten Sonnenstrahlung. Ungewöhnliche Tiere fürchtet er, die „Organschweine“ oder die „Hunölfe“, scheinbar freundliche Hunde, die aber gefährlich wie Wölfe sind. Ein seltsames Volk lebt in seiner Nähe, die „Craker“, genmanipulierte Menschen, um  die Schneemensch sich zu kümmern verpflichtet hat.

Viel Zeit hat er in seinen einsamen Stunden, darüber nachzudenken, wie er in diese Situation geraten ist. So erfährt der Zuhörer im Laufe des ersten Teils der Trilogie, wie sich Crake und Jimmy, wie Schneemensch richtig heißt, bereits als Kinder und Jugendliche die Zeit vertrieben haben. Ein Spiel, das sie am Computer gespielt haben, wird im Erwachsenenalter schließlich zur Realität, ein Spiel um Genmanipulation. Auch Oryx taucht bereits als Kind auf einer Pornowebsite auf, die Crake und Jimmy als Jugendliche besuchen. Später wird sie Jimmy wieder begegnen, als junge, schöne Frau.

Abenteuerlich und spannend wird Jimmys Proviantsuche, zu deren Zweck er die Wildnis und seine Craker verlassen muss. Die Gefahren, in die er sich begibt, könnten ihn das Leben kosten.

Margaret Atwoods Roman scheint uns an manchen Stellen vertraut. So denkt man unwillkürlich an „I am legend“ von Richard Matheson, in der nur noch der Protagonist als einziger Mensch auf der Welt ist. Auch Szenen aus „12 Monkeys“ oder „The time machine“ kommen in den Sinn, verhalten sich die Craker doch ein bisschen wie die Elois bei H.G. Wells. Trotz dieser Reminiszenzen ist die Endzeitgeschichte Atwoods ein eigenständiges, kraftvolles Werk mit einer hervorragend sprachlichen und stilistischen Umsetzung. Glücklicherweise liegt die Maddaddam Trilogie jetzt als Hörbuch vor, großartig gelesen und umgesetzt von Uve Teschner, der so lebendig liest, dass alle Personen ihre eigene Stimme bekommen. Und herrlich witzig  setzt er selbst Comicsprechblasen in Klänge um.

Wenn Sie nach längerem Hören plötzlich Musik vernehmen, sind sie am offenen Ende des ersten Teils der Trilogie angelangt. Besser sie besorgen sich rechtzeitigt Teil zwei und drei, denn mit Sicherheit wollen sie wissen, wie es weitergeht.

 

 

Stephen Dobyns – Ist Fat Bob schon tot?

Stephen Dobyns – Ist Fat Bob schon tot?

Roman

Gebundene Ausgabe 464 Seiten

Verlag: C. Bertelsmann

Erschienen: 17.04.2017 , 19,99 €

Deutsch von Rainer Schmidt

Ein Motorradfahrer prallt mit voller Wucht gegen eine Laster, der quer zur Straße aus einer Einfahrt kommt. Von dem Harleyfahrer bleibt nicht viel übrig und die Identifizierung gestaltet sich schwierig. Ist der Tote der Besitzer der Maschine Robert Rossi, genannt „Fat Bob“? Connor Raposo wollte doch nur seine Schuhe beim Schuhmacher abholen, den Unfall vor der Schuhmacherwerkstatt hat er nicht gesehen, jetzt kommt er aber mit seinem am Geschäft geparkten Wagen nicht weg, die Polizei hat alles abgeriegelt. Da bleibt nur ein Smalltalk mit einem anderen Wartenden. Kennt er den nicht von irgendwoher? Scheinbar völlig unzusammenhängende Personen und Ereignisse verknüpfen sich im Laufe der Geschichte immer mehr. Und Protagonist Connor Raposo stolper immer tiefer in die Geschehnisse, bis ihm klar wird, dass man auch hinter ihm her ist. Mit umwerfender Situationskomik und lakonischen Dialogen jagt Stephen Dobyns seine Helden durch eine höchst raffinierte Krimigeschichte, die in einem furiosen wie unerwarteten Showdown mündet. Ein Lesevergnügen für alle Freunde des schrägen Humors.

Ja, schräg ist der Humor in diesem ungewöhnlichen Krimi tatsächlich. Connor Raposo ist jung und naiv. Er arbeitet in einem „Familienunternehmen“ „Bounty Inc.“, das Geld von gutgläubigen Bürgern erschwindelt, unter anderem für Aktionen wie „Rettet Beagle vor der Nikotinsucht“. (Da hätte ein Beagle besser aufs Buchcover gepasst als eine Katze.) Solche Machenschaften scheinen wohl nur in den USA möglich. Connors Aufgabe in diesem Unternehmen ist es, die Spendenschecks aus dem Postfach abzuholen, so bleibt ihm viel Zeit sich auch mit anderen Dingen zu beschäftigen. Dadurch gerät er immer tiefer in eine Geschichte, die ihn nichts angeht, hat aber ohne es zu bemerken, mehr Einblick in die Geschehnisse als die beiden schrägen Polizeiermittler Manny und Vikstöm. Überall prallen die Interessen von Möchtegern-Gangsterbossen, Kleinganoven, Obdachlosen, Poizisten und  Ehefrauen aufeinander, das löst zweifellos viele Konflikte aus, die der Story immer neue Wendungen geben.

Wer sind denn in diesem Krimi die Guten, wer die Bösen? Eigentlich werden einem beinahe alle Personen nicht zuletzt aufgrund der äußerst detailreichen Skizzierung der Charaktere irgendwie sympathisch. Wo anderer Autoren ein grobes Bild ihrer Protagonisten zeichnen, erfahren Dobyns Lesen scheinbar alles über die Romanfiguren, vom Aussehen her über Gewohnheiten und Marotten bis hin zu ihren Gedankengängen. Einen wesentlichen Teil trägt der allwissende Erzähler bei, der sich direkt an den Leser wendet. Mal gibt er humorvolle Charaktereigenschaften preis, mal bestimmt er, wo die Geschichte weiter geht.

Lassen sie sich nicht verwirren, denn bis zum fulminanten Ende bleibt die Frage offen: „Ist Fat Bob schon tot?“

Feidman plays Beatles

giora-feidman185Die ganze Welt umarmen – Feidman plays Beatles

Wesel (csp). Im März wird der weltberühmte Klarinettist Giora Feidman 81, doch das hindert ihn nicht immer wieder neue Projekte in Angriff zu nehmen. Am 3. Februar erscheint die CD „Feidman plays Beatles“. Zur Zeit ist er mit dem Rastrelli Cello Quartett und den Beatlessongs im Gepäck auf Tournee. Alleine 32 Termine absolviert er zwischen 6. Januar und 6. April in ganz Deutschland.

Am 4. Januar spielte er die beliebten Songs der Fab Four im St. Willibrordi Dom Wesel natürlich vor ausverkauftem „Haus“. Hunderte lauschten den Klängen von „Yesterday“, „Michelle“, „A Hard Days Night“ oder „Let It Be“ die Feidman auf seine unvergleichliche Art spielte. Das Arrangement stellt die Musik der Beatles in den Vordergrund, aber Feidman wäre nicht Feidman wenn er nicht einen Hauch Kletzmer mit in seine Interpretation brächte. So lässt er Klarinette und Bassklarinette schreien, weinen oder sprechen. Die grandiose Akustik des Doms erhöht die Darbietungen zu sphärischer Musik.

Unter den Besuchern ist niemand auszumachen, dem das Dargebotene nicht ausgesprochen gut gefällt. Und zudem haben die Konzertbesucher noch die Gelegenheit vor dem offiziellen Termin die CD mitzunehmen und sich von einem ziemlich erkälteten Giora Feidman signieren zu lassen.

Nur wenige Male tritt der Ausnahmeklarinettist ans Mikrofon, man merkt ihm deutlich an, dass er nicht mehr so gut auf den Beinen ist wie früher. Dafür hat er aber nichts von seinem Humor eingebüßt. „Nicht im Neuen Testament, nicht im Alten Testament steht, wann eine Zugabe gespielt werden soll. Deshalb spielen wir die jetzt“, scherzt er noch vor der Pause und stimmt „When I’m 64“ an.

Die vier Herren des Rastrelli Cello Quartetts, die durch harmonisches Zusammenspiel mit dem großen Meister und mit ihrer rockigen Behandlung ihrer Instrumente glänzen, haben mit „Dizzy Miss Lizzy“ ihre verdiente Solonummer. Im zweiten Konzertteil wird das Ensemble durch das Jerusalem Duo Hila Ofek (Harfe) und André Tsirlin ( Sopransaxophon) erweitert. Beide widmen sich den zarten Songs „While My Guitar Gently Weeps“ und „Something“. Feidman hat besondere Freude, das Duo vorzustellen, ist Hila Ofek doch seine Enkelin und André Tsirlin der frisch Angetraute.

Nicht nur die Musiker scheinen eine große Familie zu sein. „Nein“, sagt Giora und zeigt auf den musikalischen Leiter des Rastrelli Cello Quartetts Kira Kraftzoff, „das ist nicht mein Bruder. Wir haben nur beide den selben Friseur.“ Dann streicht er sich mit einer Hand erklärend über den kahlen Schädel. Familie, Freunde, Freundschaft, Frieden und Harmonie unter den Menschen sind immer Feidmans Themen gewesen, so verzichtet er auch nicht mit einem bescheidenen Appell an die Anwesenden. „Egal wo auf der Welt, egal ob Deutsche oder Juden, wir sind alle Menschen, eine große Familie, ich bin ein Teil deiner Familie.“

Mit „Maxwell’s Silverhammer“ als Zugabe endet das großartige Konzert. Und bei stehenden Ovationen singen alle zum angehängten „Hey Jude“ das „naa, naa, naa, naa, na, na, na, na“ mit.

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Marc Elsberg – Helix. Sie werden uns ersetzen

HELIXSie werden uns ersetzen von Marc ElsbergMarc Elsberg – Helix. Sie werden uns ersetzen

Roman

Hardcover, 648 Seiten

Verlag: Blanvalet

22,99 Euro

Erschienen: 31.10.2016

Gerade frisch aus der Druckerei liest man sich in die neue Story von Marc Elsberg genauso schnell ein wie in seine Zukunftsvisionen „Blackout“ oder „Zero“. Der neue Roman ist „der Hammer“ und trifft den halbwegs informierten Leser entsprechend. Von Gentechnik und -manipulation haben wir alle schon gehört, ein Thema, das immer wieder in den Medien kursiert. Elsberg ist in der Lage damit eine Geschichte zu konstruieren, die absolut glaubwürdig ist und wenn es auch noch nicht heute passieren kann, was er uns da serviert, so doch in naher oder ferner Zukunft.

Mit vielen losen Anfangsfäden spinnt der Autor eine Story, die sich immer mehr verdichtet, spannend bis zur letzten Zeile. Und aus der Hand legen mag man das Buch auch nicht, bevor man es nicht zu Ende gelesen hat.

Der US-Außenminister stirbt bei einem Staatsbesuch in München. Während der Obduktion wird auf seinem Herzen ein seltsames Zeichen gefunden – von Bakterien verursacht? In Brasilien, Tansania und Indien entdecken Mitarbeiter eines internationalen Chemiekonzerns Nutzpflanzen und –tiere, die es eigentlich nicht geben kann. Zur gleichen Zeit wenden sich Helen und Greg, ein Paar Ende dreißig, die auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen können, an eine Kinderwunschklinik in Kalifornien. Der Arzt macht ihnen Hoffnung, erklärt sogar, er könne die genetischen Anlagen ihres Kindes deutlich verbessern. Er erzählt ihnen von einem – noch inoffiziellen – privaten Forschungsprogramm, das bereits an die hundert solcher »sonderbegabter« Kinder hervorgebracht hat, und natürlich wollen Helen und Greg ihrem Kind die besten Voraussetzungen mitgeben, oder? Doch dann verschwindet eines dieser Kinder, und alles deutet auf einen Zusammenhang mit sonderbaren Ereignissen hin – nicht nur in München, sondern überall auf der Welt …

Neil Gaiman – American Gods – Director´s Cut

american-godsNeil Gaiman – American Gods – Director´s Cut

Eichborn

Paperback, 672 Seiten

Fantasy Bücher

Übersetzung ins Deutsche von Hannes Riffel

Originalausgabe erschienen 2001 unter dem Titel „American Gods“, deutsche Ausgabe erstmals 2015, 672 Seiten

Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt. So lautet ein beliebtes angeblich von B. Brecht stammendes Zitat. Die Frage, ob das auch für Götter gilt beantwortet Neil Gaiman in seinem Roman „American Gods“ (Amerikanische Götter).

Faszinierend in einer Mischung aus Krimi und Fantasy-Roman wirft der Autor philosophische und religiöse Fragen auf, mit denen sich auch sein Protagonist Shadow auseinandersetzen muss.

Als Shadow aus dem Gefängnis entlassen wird, ist nichts mehr wie zuvor. Seine Frau wurde getötet, und ein mysteriöser Fremder bietet ihm einen Job an. Dieser nennt sich Mr. Wednesday und weiß ungewöhnlich viel über Shadow. Er behauptet, ein Sturm ziehe auf, eine gewaltige Schlacht um die Seele Amerikas. Eine Schlacht, in der Shadow eine wichtige Rolle spielen wird. Wie der Titel schon verrät geht es um Götter, alte, uralte und ganz moderne, die man erst einmal gar nicht als „Götter“ auf dem Schirm hat.

Eines der meistbeachteten Bücher des letzten Jahrzehnts: eine kaleidoskopische Reise durch die Mythologie und durch ein Amerika, das zugleich unheimlich vertraut und völlig fremd wirkt. Erstmals ungekürzt auf Deutsch und komplett neu übersetzt als „Director’s Cut“, etwas, das man aus der Filmbranche kennt und hier auf die Literatur übertragen wurde.

Zugegeben, das Buch ist nicht neu, der Roman stammt aus 2001 und erschien bisher in verschiedenen Versionen wie der Autor in einer Fernsehsendung verriet. Der „Director’s Cut“ enthält rund 100 Seiten mehr als die Erstveröffentlichung und bringt in das religiöse und mythologische Thema noch einmal ganz neue Aspekte mit hinein. Denn wo sich der Autor in US-Amerika gescheut hat, in der deutschen Ausgabe ist es mit drin, er lässt sogar Jesus zu Wort kommen.

Leon Sachs – Falsche Haut

Leonleon-sachs-falsche-haut Sachs  – Falsche Haut

Thriller, Paperback, 336 Seiten

Emons Verlag Köln 2015

Euro 14,95

Das Erstlingswerk von Leon Sachs ist ein spannender Thriller, der mit einer interessanten Verschwörungstheorie aufwartet, die durchaus an Dan Brown heranreicht. Mit „Falsche Haut“ liegt ein Roman auf dem Tisch, der nicht nur vor Spannung knistert, sondern auch viel über Frankreich, wo die Geschichte in der Jetztzeit spielt, erzählt. „Das Buch ist ein Thriller, kein Liebesroman“, erklärt Sachs in einer Lesung. „Von Liebe verstehe ich nichts aber von Krimis. Nicht falsch verstehen, nicht dass sie denken, ich verstehe was vom Morden. Ich bin Jude, und wir Juden verstehen uns auf Verschwörung“, sagt er Augenzwinkernd.

Alex Kauffmann, Professor für Geschichte an der Universität Fribourg, muss tief in die Vergangenheit Frankreichs zurückgehen, um herauszufinden, weshalb seine Freundin Natalie mit dem Tod bedroht wird. Dabei ist der Gegner keine Einzelperson sondern ein Geheimbund, der sich zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in Frankreich gegründet hat. Bis heute existiert dieses äußerst mächtige Bündnis, das bereit ist über Leichen zu gehen. Was kann ein kleiner Geschichtsprofessor da machen? Während der Hetzjagd durch Frankreich geraten Alex und Natalie zudem in das Visier der Polizei. Und wem können sie vertrauen?

Durch die akribische Feinarbeit, mit der Sachs gut fünf Jahre die historischen Hintergründe seines Plots recherchiert hat, gelingt ihm eine durch und durch glaubwürdige Erzählung. Die düsteren Hintergründe steigern sich zur Beklemmung. Der Leser fragt sich, ob die Geschehnisse tatsächlich nur der Phantasie des Autors entsprungen sind oder ob eine derartige Unterwanderung eines modernen Staates tatsächlich möglich wären. Großartig erzählt, absolut lesenswert und sicher ein Stoff der verfilmt werden sollte.