Salman Rushdie: Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte

Rushdie_Zwei_Jahre_3DSalman Rushdie: Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Tage. Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Bertelsmann, München. 380 Seiten, 19,99 Euro.

Der große Geschichtenerzähler Salman Rushdie liefert mit seinem neuen Roman „Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte“ – das sind 1001 Nächte – ein Märchen von Dschinns und Dschinnyas, den weiblichen Märchenwesen, und hier besonders von der hochrangigen Dschinnya-Prinzessin Dunja, die sich in den Philosophen Ibn Ruschd verliebt und mit ihm eine ungezählte Kinderschar zeugt. So geschieht es zum Ende des Kalifats in Spanien, also im Mittelalter. Doch das ist nur der Beginn einer sehr kriegerischen Geschichte, denn nachdem der Mensch Ibn Ruschd stirbt und sich im Grab mit seinem Widersacher über Religion und Gott streitet, lebt Dunja als Geistwesen natürlich weiter.

„Niemand bemerkte es oder interessierte sich dafür, dass sie sich eines Tages zur Seite drehte, durch einen Schlitz in der Welt glitt und nach Peristan zurückkehrte, in die andere Realität, die Welt der Träume, die die Dschinn in regelmäßigen Abständen verlassen, um die Menschheit zu plagen oder zu beglücken.“

Die Schlitze in die Anderswelt schlossen sich, doch vielleicht ist es der philosophische Streit zwischen Ibn Rushd und seinem konservativen Gegner Gahzali, für den die Ewigkeit das wahre Leben ist, der die Durchgänge wieder öffnet. So muss Dunja handeln, denn

„Ihr Geliebter bat sie von jenseits des Grabes, ihre verstreute Familie zu vereinen und ihr zu helfen, gegen die kommende Weltkatastrophe zu kämpfen.“

Es gibt nicht nur gute Dschinns und Dschinnyas.

„Leider kehrten auch andere Bewohner der Dschinn-Welt in die Gebiete der Menschen zurück, und nicht alle hatten Gutes im Sinn.“

Sie stürzen unsere moderne Welt ins Chaos. Das zeigt Salman Rushdie an einer großen Anzahl an Personen. Es beginnt ganz klein, erst schwebt Mr. Geronimo ein winziges Stückchen über dem Boden, soviel dass ein Blatt Papier unter seine Schuhsolen passt. Doch das steigert sich. Die bösen Dschinns stürzen die Welt ins Chaos. Der Krieg zwischen Bösen und Guten wird von Persistan in unsere Welt getragen, es herrscht Terror. Können Dunja und ihre Nachkommen die Welt retten? Gibt es eine Waffe gegen den Terror?

Man muss sich nicht mit Philosophie oder Religionswissenschaften auskennen, um sich seine Meinung zu bilden und Position zu beziehen, auch in dem offensichtlich nie endenden Krieg der Gesinnungen. Bei aller Ernsthaftigkeit des hochaktuellen Themas, das der Autor hier in der Übertragung in die Märchenwelt aus tausendundeiner Nacht anspricht, lässt das Buch eine große Portion Humor nicht vermissen und ist außerdem hollywoodreifes „Kopfkino“. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die phantastische Geschichten lieben aber auch für die, die Bezüge zum aktuellen Weltgeschehen in dieser abgedrehten Form überdenken möchten. Ein Buch, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

 

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